Review: „No. 6“ – Luxury Edition, Band 02
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Anfang November haben wir einen umfassenden Ersteindruck zur Hardcover-Neuausgabe von Atsuko Asanos und Hinoki Kinos No. 6 veröffentlicht. Anlässlich der im letzten Monat veröffentlichten Fortsetzung haben wir uns noch eingehender mit der Science-Fiction-Geschichte beschäftigt. Unsere Gedanken zu dem Manga fassen wir in diesem Artikel zusammen.
Egmont Manga hat die Reihe erstmals zwischen Oktober 2014 und Februar 2016 in neun einzelnen Taschenbüchern herausgegeben. Der neue Release ist als sogenannte Luxury Edition angelegt – in diesem Fall ist damit gemeint, dass das gesamte Werk in drei großformatigen Hardcover-Bänden zusammengefasst wird. Die Neuausgabe wartet mit einer besseren Papierqualität und einer Spotlack-Veredelung der Buchaußenseite auf.
Der zweite Sammelband zählt einen Gesamtumfang von etwa 530 Seiten – 18 davon sind komplett in Farbe und als solche auf Hochglanz-Papier gedruckt. Trotz dem merklichen Gewicht von rund einem Kilogramm liegt das Buch sehr gut in der Hand, der Lesekomfort ist kaum eingeschränkt. Für die Luxury Edition von No. 6 ist ein Preis von 28,00 € pro Band angesetzt.
Inhaltsbeschreibung
Die titelgebende Stadt No. 6 ist aus den Folgen großer Kriege und atomarer Verschmutzung heraus entstanden. Nachdem sich die Menschheit nahezu selbst ausgelöscht hat, haben die wenigen Verbliebenen das sogenannte Babylon-Abkommen, einen Vertrag, der Waffen aller Art strengstens verbietet, geschlossen.
Und tatsächlich vermittelt No. 6 das Gefühl einer wahrgewordenen Utopie – offiziell gibt es keine beziehungsweise nur sehr wenige Verbrechen, überall herrscht Ordnung und Disziplin. Niemand beklagt sich öffentlich über die eigenen Lebensumstände, jeder wirkt auf den ersten Blick zufrieden. Mit einem morgendlichen Schwur versichern selbst Schüler ihren Stolz und ihre Treue gegenüber der futuristischen Stadt. Alles scheint perfekt.
Im Chronos-Stadtteil tummelt sich die Elite, auch der junge Shion lebte zuletzt in dem Nobelbezirk. Aufgrund seiner übermäßig hohen Intelligenz wurde er bereits früh für ein spezielles Förderprogramm der Stadt auserwählt, seine beste Freundin Safu hat sich ebenfalls für dieses qualifiziert. Die Zukunft der beiden Kinder schien damit gesichert, ein Leben in Wohlstand erwartete sie.
Doch das Recht auf dieses Dasein im Luxus hat Shion verloren, als er in der Nacht seines zwölften Geburtstags das Fenster geöffnet und damit dem etwa gleichaltrigen Nezumi, einem gesuchten Straftäter, Zuflucht gewährt hat. Mit der Behandlung seiner Wunden hat sich Shion zu einem Feind des überkontrollierten Staates gemacht, seine Privilegien wurden umgehend aufgelöst. Während Nezumi entkommen konnte, wurden Shion und seine Mutter zur Strafe in die Lost Town, einen Ort am Stadtrand, dem keinerlei Fördermittel zukommen, verbannt.
Vier Jahre später arbeitete Shion schließlich als einfacher Parkwächter in einer Grünanlage der Stadt. Dort war er unter anderem mit der Betreuung der Reinigungsroboter betraut. Als eine der vollautomatisch gesteuerten Einheiten Alarm schlug, wurde eine mysteriöse Leiche gefunden – das leuchtend-weiße Haar, die zahlreichen Altersflecken und eine viel zu schnell eingesetzte Leichenstarre ließen den ehemaligen Elite-Stipendiaten stutzig werden. Auf die mögliche Todesursache konnte er sich einfach keinen Reim machen.
Nur kurze Zeit später übernahm schon die Sonder-Sicherheitsbehörde der Stadt die Ermittlungen in dem Fall – umgehend hatten sie Shion als Verdächtigen im Visier. Zur Befragung wollten sie ihn schließlich in eine entsprechende Einrichtung verfrachten; einmal drin, wäre er aber wohl nie wieder lebend rausgekommen. Shions Glück war es daher, dass Nezumi, jener Junge, dem er damals geholfen hat, ihn aus den Fängen der Beamten gerettet hat. Gemeinsam sind die zwei Jugendlichen in den Westblock außerhalb der Stadt geflüchtet.
Kaum in diesem Elendsviertel angekommen, zeigte plötzlich auch Shion Symptome der mysteriösen Krankheit. Nur in letzter Sekunde gelang es, die Wespe, die offenbar für den Ausbruch des Leidens verantwortlich ist, aus seinem Körper zu entfernen – er hat überlebt, geblieben sind allerdings weiße Haare und ein rotes, schlangenförmiges Mal auf seiner Haut.
Nachdem Safu, Shions zuvor erwähnte Kindheitsfreundin, aus zunächst unbekannten Gründen in die von No. 6 geleitete Besserungsanstalt verschleppt wurde, beginnt jetzt die Vorbereitung einer Rettungsaktion. Gemeinsam mit zwei Verbündeten entwickeln Shion und Nezumi einen Plan, mit dem sie unweigerlich ihr Leben riskieren …
Neben den Kapiteln 12 – 23 beinhaltet der zweite Sammelband, wie zuvor angekündigt, zwei exklusive Bonuskapitel. Auf den zusammen rund 25 Seiten werden zwei kurze Sidestories aus der Sicht von Shion beziehungsweise dem Hundeverleiher Inukashi präsentiert. Dieser Zusatz-Content erscheint erstmals in der Luxury Edition auf Deutsch. Die sogenannten Studioaufzeichnungen, eine Art Creator's Notes zu Aufnahmen der – nur in Japan erhältlichen – Drama-CD, aus der Originalausgabe sind ebenfalls enthalten.
Visualisierung
Mangaka Hinoki Kino, die hierzulande neben No. 6 noch für ihren Vierteiler Graffiti of the Moment bekannt ist, hat die erklärte Geschichte in einer sehr cleanen Optik umgesetzt, die saubere Linienführung passt hervorragend zu dem futuristischen Setting. Dass die Zeichnungen bereits um die zehn Jahre alt sind, sieht man nicht – der Stil ist wirklich sehr modern gehalten.
Unter Verwendung von Rasterfolien sind den Illustrationen die nötigen Kontraste verliehen, verschiedene Screentones finden außerdem bei der Ausgestaltung der Hintergründe Gebrauch. Getuschte Flächen sorgen darüber hinaus für eine gewisse Vielfalt im Gesamtbild. Das Highlight der Bebilderung stellen, neben den zahlreichen Farbseiten, die großflächig angelegten Panels dar – das Großformat der Luxury Edition betont die Imposanz zusätzlich.
Außerdem gefällt die Inszenierung der einzelnen Figuren. Die Darstellung erlaubt es, die Bewegungsabläufe vor dem geistigen Auge abspielen zu lassen. Sicherlich trägt zu diesem Eindruck auch die stetig wechselnde, sich an den jeweiligen Kontext anpassende Gestik und Mimik von den Figuren bei. Wie bereits zuletzt lobend angemerkt, versteht Kino es, die charakterprägenden Eigenschaften, wie Nezumis selbstsicheres Auftreten, auf dieser Ebene der Visualisierung in besonderer Weise hervorzuheben – das Ganze ist dezent, aber fällt bei genauerer Betrachtung auf.
Um die Hardcover-Neuausgabe bestmöglich vor Schmutz und Schäden zu schützen, ist das Buch eingeschweißt. Aufgrund dessen ist es daher aber in der Regel nicht möglich, vor dem Kauf durchzublättern. Allerdings stellt Egmont Manga an dieser Stelle eine kostenlose Leseprobe bereit. Die Preview zur Taschenbuch-Ausgabe zeigt zudem weitere Innenseiten, diese sind in ihrer Bildqualität jedoch nicht hochauflösend.
Fazit
Mit dem zweiten Sammelband von No. 6 werden die Hintergründe der Entstehung jener scheinbar perfekten Stadt beleuchtet, auch Nezumis Vergangenheit wird im Verlauf der weiteren Geschichte thematisiert. Die neuen Erkenntnisse belasten dabei Shions Psyche zunehmend, sein Geist wird erstmals mit den Geschehnissen der Welt außerhalb seiner Heimat konfrontiert. Alles deutet auf ein spannendes Finale hin.
In den vorliegenden Kapiteln zeigt sich, dass die verschiedenen Figuren alle miteinander in Zusammenhang stehen – die einzelnen Fäden des Storytellings werden bereits jetzt geschickt zusammengezogen. Obwohl in diesem Zuge viele offene Fragen aufgelöst werden, nimmt die Spannung nicht ab – im Gegenteil. Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen wächst das Interesse am Ausgang des Mangas.
Zwischen Shion und Nezumi hat sich eine Vertrautheit eingestellt – hier finden sich die vereinzelten, sehr zarten Boys-Love-Elemente, von denen in Bezug auf No. 6 oftmals zu lesen ist. Es ist Interpretationssache, inwiefern diese Zuneigung romantischer Natur ist. Fest steht, dass diese Entwicklungen nicht sexueller Art sind – und auch nicht werden. Der Fokus liegt unbestreitbar auf dem Mystery-Aspekt.
Der Manga, der auf einer neunbändigen Romanvorlage basiert, brilliert durchweg mit einer ausgeklügelten Erzähldynamik. Obwohl sicher nicht alle Inhalte adaptiert wurden, wirkt die Handlung weder gehetzt noch beschnitten. Allen Abläufen ist klar zu folgen, es gibt bislang keine ungewollten Lücken oder Ungereimtheiten. Mangaka Hinoki Kino legt, wie wir finden, inhaltlich wie visuell eine hervorragende Umsetzung vor, die wir Science-Fiction-Fans unbedingt empfehlen würden. In Anbetracht der gebotenen Güte wundern wir uns über den großen Erfolg der deutschsprachigen Erstausgabe nicht.
Die Luxury Edition wird ihrem Namen vollumfänglich gerecht. Sowohl die Hardcover-Aufmachung als auch die Spotlack-Veredelung und das weiße Papier überzeugen uns in ihrer jeweiligen Qualität. Mit 28,00 € ist die vorliegende Ausgabe natürlich nicht ganz billig – allerdings sind inhaltlich auch direkt drei der neun Original-Bände enthalten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist also durchaus fair.
Abschließend bedanken wir uns bei der Redaktion von Egmont Manga *WERBUNG für das unverbindliche Zuschicken eines Belegexemplars.