Gelesen: „Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft“ – Roman
Möglicherweise aufgrund des Erfolgs von Your name. veröffentlicht Verlag Egmont Manga nun regelmäßig weitere, kurze Romane. Seit dem vergangenen Monat ist das Franchise um Sugaru Miakis Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft auch in Deutschland verfügbar. Neben der gleichnamigen Manga-Adaption stieß insbesondere die Originalfassung, jene Novel, auf unser Interesse. Entsprechend der Beschluss, diese zu besprechen.
Zu einem Preis von 15 Euro (D) ist ein Gesamtumfang von rund 320 Seiten geboten – Werbung für andere Titel des Berliner Verlags inklusive. Eine Farbseite auf mattem Papier begrüßt die Leserschaft zu Beginn der Veröffentlichung. Auf der Vorderseite zeigt diese ein dem Coverdesign ähnliches Motiv; die Rückseite stellt das Inhaltsverzeichnis dar. Der Schriftzug auf der Außenseite ist Silber und reflektiert leicht bei Lichteinfall.
Vorab ist außerdem auf den Fakt hingewiesen, dass der hier vorliegende Roman keinerlei Illustrationen zwischen den Seiten umfasst – es handelt sich um 287 Seiten Fließtext, dem ein kurzes Nachwort des Autoren sowie ein prägnantes Glossar der deutschsprachigen Redaktion beigefügt ist. Aufgrund fehlerhafter Prozesse bei der Produktion sind einige Exemplare im Inneren am Seitenrand mit Druckerschwärze beschmutzt – hierauf ist beim Kauf empfehlenswerterweise zu achten.
Inhaltsbeschreibung
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der zwanzigjährige Student Kusunoki. Obwohl dieser ohne Freunde und Familie sowie ohne jeglichen finanziellen Güter ist, hat er sich über die Zeit eines bewahrt: Seine Arroganz. Denn so betrachtet sich Kusonoki bereits seit jungen Jahren als besonders privilegiertes Wesen – seine Mitmenschen würden dem allerdings widersprechen. So kommt es auch, dass er nie Anschluss fand und letztlich sowohl einsam als auch ohne strahlende Zukunftsaussichten ist. Trotz Arbeit nagt er am sprichwörtlichen Hungertuch.
Bei dem Vorhaben alte Bücher und CDs zu verkaufen, kommt er direkt zweimal mit einem mysteriös Gerücht in Berührung. Denn die jeweiligen Besitzer der Geschäfte, die Kusonoki frequentiert, sprechen ihn auf eine besondere Möglichkeit des Geldverdienens an. Es sei möglich, in einem gewissen Etablissement drei sehr persönliche Dinge zu verkaufen: Lebenszeit, Zeit und Gesundheit. Zunächst tut der Studierende dies als Hirngespinst ab – doch treibt ihn Verzweiflung wie Neugier schließlich zu der ihm beschriebenen Anschrift.
Dort nimmt ihn eine etwa gleichaltrige Frau, die sein Anliegen im Folgenden aufnimmt, in Empfang. Noch immer wird Kusonoki ernsthaft gegenübergetreten – über einen Scherz geht die Inszenierung deutlich hinaus, dies ist ihm schnell klar. Von dem Interesse an dem weiteren Vorgang angetrieben lässt er sich auf den weiteren Prozess ein und beschließt einer Analyse seines Wertes, beziehungsweise dem Wert seines Lebens, zuzustimmen.
©Sugaru Miaki 2013 by KADOKAWA CORPORATION
Stunden später hat er das Resultat der undurchsichtigen Auswertung: Sein Leben sei – und dies nimmt der Titel des Buches vorweg – 10.000 japanische Yen pro Jahr wert. Dies entspricht ungefähr 80 Euro. Stets dachte der Heranwachsende, dass sein Leben, seine Existenz, besonders sei. Nun wird ihm erklärt, dass die Bewertung ergab, dass der niedrigst-mögliche Satz für seine Lebenszeit berechnet wurde. Das erklärt ihm die Angestellte der rätselaufgebenden Firma. Niedergeschlagen verkauft Kusonoki schließlich dreißig ihm verbleibende Jahre; drei weitere Monate verbleiben ihm. Um seinen Umgang mit dieser Situation zu beobachten, wird ihm Miyagi als eine Art Beobachterin zur Seite gestellt.
In Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft liegt es nun an dem zuvor benannten Protagonisten sich sowohl seiner Vergangenheit als auch limitierten Zukunft zu stellen, nun ist er nicht mehr gebunden – auf eine gewisse Art ist er frei und hat Gelegenheit zu agieren, wie es ihm zuvor nicht möglich war. Dabei unterstützt ihn Miyagi, deren Hintergrund darüber hinaus einige Rätsel aufgibt.
Aufteilung und Storytelling
Die 291 Seiten des Inhalts unterteilen sich auf 15 verschiedene Kapitel, diese sind folglich vergleichsweise kurz – sehr angenehm zu lesen. Jede Episode des Buches ist dabei sehr treffend betitelt, sodass auch diese auch nach Abschluss der Geschichte einfach aufzufinden sind, wenn beispielsweise der Wunsch besteht, eine bestimmte Szene erneut zu lesen.
Perspektivisch ist mit Protagonist Kusonoki ein personeller Erzähler von Autor Sugaru Miaki eingesetzt. Die Leserschaft verfolgt demnach die Geschehnisse vom Blickpunkt des Betroffenen ausgehend – und ist damit ebenso im Unklaren um die herrschenden Umstände, weswegen die Neugier nach dem weiteren Verlauf in besonderem Maße angeregt wird. Jene mysteriösen Faktoren werden durch Einflüsse des Romance-Genres ergänzt; eine Kindheitsfreundin Kusonokis – namens Himeno – nimmt hierbei eine weitere, zentrale Rolle ein. Selbstredend sind auch Dialoge Teil der erzähltechnischen Struktur.
Trotz der durchaus melancholischen Prämisse ist es jedoch nicht gegeben, emotional tiefgreifend mitzufühlen. Die Spannung und der Durst nach der Aufklärung über Miyagis Person – und Persönlichkeit – dominieren die Empfindungen beim Lesen im Allgemeinen. Neben der dem Sinnieren über des Lebens Wert ist auch weiteren, ernsten Thematiken Raum geboten. Interessanterweise merkt der Schriftsteller im angefügten Nachwort an, dass es nicht seine Intention war, über den Wert des Lebens oder die Kraft der Liebe zu schreiben, obwohl es diesen Eindruck habe. Mit diesem Wissen wäre es sicherlich interessant, das Buch erneut zu lesen, um die Motive Miakis zu identifizieren.
Leseproben zur Roman- und Manga-Fassung von Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft
Neben der Anschauung der Gegenwart, sind auch Einblicke in die Vergangenheit Kusonokis geboten. So ist dessen Grundschulzeit ebenfalls eine wichtige Ebene der Handlung, auf welche wiederholt Bezug genommen wird. Natürlich werden auch Miyagis Hintergründe für das Publikum beleuchtet, sodass beiden Protagonisten von Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft Tiefe verliehen wird.
Ausgehend von den recht bündigen Kapiteln der Geschichte ist das Erzähltempo entsprechend schnelllebig; insbesondere der Abschluss überrascht in seinem dargelegten Schwung – ein gediegenere Geschwindigkeit hätte möglicherweise nicht geschadet. Zwar ist das Ende der Novel zusammenfassend als relativ rund zu bezeichnen, doch sind inmitten Schilderung kleinere, holprige Sprünge zu bemerken – dem Verlauf bleibt dennoch problemlos zu folgen.
Dem Titel ist leider kein Epilog angefügt, welcher bestimmte Figuren noch einmal aufgreifen würde – der gesamte Fokus ist hierbei den beiden Hauptfiguren gewidmet. Dies könnte die besonders an dem Gesamtensemble interessierte Leserschaft irritieren. Der Inhalt ist aufgrund des simpel gehaltenen Schreibstils gut zu erfassen. Die Vorstellungskraft des Einzelnen wird durch die Beschreibungen effektiv angeregt. Letzteres ist essentiell, da das Werk ohne weitere Illustrationen vorliegt. Der Roman steht aufgrund seiner Sprache einem breiten Publikum offen.
Fazit
Mit Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft gibt Autor Miaki Sugaru ein insgesamt gelungenes Deutschland-Debüt, das einen ersten Einblick in die Qualität seiner bekannten Geschichten bietet. Der zuvor hervorgehobene Titel gibt den Inhalt prägnant wieder. Dieser setzt sich dabei sowohl aus mysteriösen wie dramatischen als auch romantischen Elementen zusammen, die miteinander harmonisieren.
Der Roman ist sicherlich einsteigerfreundlich, da die zu erwartende Sprache keine Hürde darstellen sollte. In Bezug auf die deutschsprachige Veröffentlichung ist beim Kauf allerdings auf die erklärte Verschmutzung einiger Bände hinzuweisen. Über die gesamte erste Auflage hinweg sind zudem einige wenige, orthographische Fehler zu bemerken. Den generellen Lesefluss behindern diese dabei nicht.
©Sugaru Miaki 2013 by KADOKAWA CORPORATION | © 2016 by Sugaru Miaki, Shouichi Taguchi / SHUEISHA Inc.
Wenn die Handlung auf Interesse stößt, aber das Format keine Anziehung auf den potenziell Lesenden übt, so könnte die eingangs erwähnte Manga-Fassung in Betracht gezogen werden. Sofern der Roman zusagt, besteht darüber hinaus möglicherweise Grund zur Freunde. Denn wie im September diesen Jahres bekannt wurde, erreicht uns im kommenden Jahr mit Parasite in Love ein weiteres Werk Miakis in Deutschland.
Abschließend bedanken wir uns außerdem bei Egmont Manga für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.