Ersteindruck zu Naoko Kodamas „Our Days at Seagull Villa“
Nachdem zwischen November 2018 und Februar 2020 bereits die Printfassung von Netsuzou Trap – NTR – auf Deutsch erschienen ist, folgte im Rahmen der Sommer-Aktion jüngst auch eine digitale Ausgabe der Geschichte. Mit Our Days at Seagull Villa ist hierzulande nun ein weiteres Girls-Love-Werk von Mangaka Naoko Kodama neu gestartet. Wir haben uns den Auftakt der dreiteiligen Kurzreihe angeschaut und berichten euch von unseren ersten Eindrücken.
Offizieller Releasetermin von Band 01 ist der 10. August, also heute. TOKYOPOP veröffentlicht den rund 160 Seiten starken Manga dabei mit insgesamt acht Farbseiten. Drei davon sind komplett ausgearbeitet, hinzu kommt das Inhaltsverzeichnis sowie ein redaktioneller Beitrag und das Impressum mit kleineren Farbillustrationen und -akzenten. Als Preis sind 7,50 € zu bezahlen.
Inhaltsbeschreibung
Nachdem Mayumis Freund sie betrogen und dabei eine andere Frau geschwängert hat, hat er sie auch noch verlassen. Daraufhin hat Mayumi eine Stelle auf dem Land angenommen. Dort soll die 28-jährige Vertretungslehrerin eine Mittelschulklasse übernehmen. Gerade als sie frisch in der Küstenregion ankommt, trifft sie auf Rin. Mit ihren blond gefärbten Haaren und durch ihr unerschrockenes Auftreten wirkt die jüngere Frau beinahe punkig.
Mayumi ist davon zunächst irritiert, muss aber schließlich feststellen, dass es sich bei Rin um ihre neue Vermieterin handelt. Für die erste Zeit hat sie sich ein Zimmer in der Seagull Villa genommen. Neben der Besitzerin Rin lebt dort die kleine Hinata. Schnell lernt Mayumi, dass es sich bei dem Kind um Rins Nichte handelt. Rins Familie, darunter die Eltern des Mädchens, ist erst vor wenigen Monaten bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Auch Ashima, die in der Pension ein und aus geht, lebt in einem komplizierten Verhältnis. Als neue Klassenlehrerin fühlt sich Mayumi natürlich für die Jugendliche verantwortlich. Als sie Mobbing durch Klassenkameradinnen beobachtet, ist sie fest entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Allerdings ist die Mittelschülerin sehr verschlossen. Es braucht wohl ein wenig Geduld, um zu ihr durchzudringen.
Während sich die junge Pädagogin allmählich in dem kleinen Örtchen einlebt und ihre ersten Bekanntschaften schließt, nähern sie und Rin sich langsam an. Bereits in der ersten Nacht wurden sie unter Alkoholeinfluss zu „besten Freundinnen“, doch die Beziehung dürfte an dieser Stelle nicht festfahren, denn die andere Frau scheint Mayumi gegenüber an etwas mehr interessiert zu sein …
Zeichenstil
Optisch ist Our Days at Seagull Villa wirklich schön anzusehen. Die einzelnen Linien sind ordentlich und geschwungen, dadurch entsteht ein etwas rundlicher Zeichenstil. Gleichzeitig wirkt das Ganze nicht künstlich, sondern viel eher natürlich und modern. Der Umgang mit Rasterfolien und Kontrasten überzeugt ebenfalls. Die Hintergründe sind minimalistisch, durch den dynamischen Lesefluss fällt das allerdings erst nachträglich beim genauen Durchblättern auf.
Mangaka Naoko Kodama ist hierzulande bereits für einige Werke bekannt, Fans ihrer Geschichten werden die Optik definitiv erkennen. Insbesondere das Charakterdesign ähnelt sich über die verschiedenen Titel hinweg, etwa bei den Augen. Die Gestaltung der jungen Ashima ist so beispielsweise an Hotaru aus Netsuzou Trap – NTR – angelehnt und Mayumi ist vom Typ eine Kombination von Ritsu und Haruka aus dem Einzelband Geliebte Mangaka. Trotz dieser Übereinstimmungen nimmt man die Figuren separat voneinander wahr. Wie im japanischen Original sind die Brustwarzen, zum Beispiel beim Baden, übrigens nicht zu sehen.
TOKYOPOP stellt allen Interessierten das komplette erste Kapitel inklusive der drei beziehungsweise vier einleitenden Farbseiten als kostenlose Leseprobe bereit. Auf über 50 Seiten ist es damit möglich, sich einen ersten eigenen Eindruck von der Geschichte und der Bebilderung zu verschaffen. Alternativ kann im Handel vor Ort behutsam reingeblättert werden, der Manga ist standardmäßig nicht eingeschweißt.
Fazit
Der erste Band von Our Days at Seagull Villa führt zügig in die Geschichte ein, besonderer Fokus liegt auf der individuellen Vergangenheit der Hauptfiguren. Jede trägt eine gewisse Bürde mit sich, das von Anfang an als zentrales Element in die Erzählung miteinbezogen wird. Auf diese Weise wird dem Werk geschickt Tiefe verliehen. Das gefällt uns sehr gut.
Hinsichtlich der Erotik ist bei der Kurzreihe im Gegensatz zu Netsuzou Trap – NTR – weniger zu erwarten. Es gibt zwar körperliche Annäherungen, diese gehen bisher aber nicht über das Küssen hinaus. Außerdem ist die Darstellung im Vergleich zu dem ab 18 Jahren empfohlenen Toxic Love Affair von FLOWERCHILD weniger explizit.
Das Hauptaugenmerk des Storytellings liegt mehr auf der Gefühlsebene. Our Days at Seagull Villa ist dabei allerdings deutlich offenherziger als zum Beispiel Küsse und weiße Lilien für meine Liebste. Für unseren Geschmack ist hier insgesamt ein guter Mittelweg gefunden, der potenziell eine große Bandbreite der Girls-Love-Fangemeinde anspricht. Unsere persönlichen Highlights sind vor allem das ländliche Setting sowie der redaktionelle Beitrag am Ende. Letzterer widmet sich dem japanischen Originaltitel des Mangas.
Wer zuvor schon Werke von Mangaka Naoko Kodama mochte, ist hier auf keinen Fall schlecht beraten – im Gegenteil: Our Days at Seagull Villa wartet diesmal mit noch ernsteren Inhalten auf. Kurz vor Schluss wurden im Auftakt überraschend zwei weitere Twists eingebaut. Es muss sich zeigen, wie diese den weiteren Verlauf beeinflussen. Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt, wie sich das Ganze entwickelt.
TOKYOPOP Deutschland hat diesen Artikel freundlicherweise mit einem entsprechenden Belegexemplar unterstützt.