Weniger anzüglich als gedacht: „Sexy Short Stories“, Band 02
Ai Hibiki ist hierzulande für ihre offenherzigeren Reihen Dein Verlangen gehört mir sowie Unwiderstehlicher S bekannt. Seit Kurzem veröffentlicht der Hamburger Herausgeber außerdem eine sogenannten Sexy Short Stories-Collection. Diese umfasst drei voneinander unabhängige Einzelbände der japanischen Zeichnerin. Wir haben uns den zweiten Teil von dieser angeschaut.
Dieser erscheint Anfang des Monats zusammen mit den anderen TOKYOPOP-Novitäten in Deutschland. Zu einem Preis von 7,50 Euro (D) ist ein Gesamtumfang von rund 200 Seiten geboten – kostenlose Beigaben oder etwaige Farbseiten sind allerdings nicht zu erwarten. Bei der Preisgestaltung wurde sich im Wesentlichen an vergleichbaren Werken des Verlags orientiert.
Inhaltsbeschreibung
Im Original trägt dieser Kurzgeschichtenband den Titel Kare ni Biyaku o Nomasetara – insgesamt umfasst die Zusammenstellung fünf einzelne und voneinander getrennt erschienene Episoden, die jeweils eine andere Schülerin als Protagonistin in den Handlungsmittelpunkt einer romantischen Geschichte mit einem jungen Mann stellen.
Die erste Story trägt den Titel Der verflixte Liebestrank und ist am treffendsten mit der Was sich liebt, das neckt sich-Handlung zu beschreiben. Der attraktive wie beliebte Schüler Hiragi zieht die zurückhaltende, bücherliebende Miwa jeden Tag wieder auf – bis diese zum Gegenschlag ausholt und ihn dazu verleitet, einen Tee zu trinken, der schon bald über seine wahren Gefühle aufklärt …
In Berechnungen der Liebe steht eine strebsame Protagonistin namens Wakana im Erzählfokus. Diese ist auf ihren gutaussehenden Mitschüler Ryosuke neidisch, denn dieser erzielt immer bessere Noten als sie, die stets angestrengt lernende Rechtsanwältin in spe. Um seine geheimen Lernstrategien zu ergründen, geht sie eine Beziehung mit ihm ein. Ob sich aus diesen niederen Motiven mehr entwickeln könnte?
Auch im dritten Kapitel, Liebe hinter Glas, ist die Beziehung von zwei Teenagern durch Autorin Ai Hibiki thematisiert. In jeweils einer Hälfte eines Bungalows leben der aus einer gut situierten Familie stammende Koki sowie die familienlose Nami unter einem großen Dach – eine Wand mit kleiner Glasscheibe trennt die beiden Wohnungen voneinander. Immer wieder blickt der neugierige Junge hinüber … das mag die alleinlebende Jugendliche anfangs gar nicht. Schon bald nimmt diese kurze Geschichte allerdings eine Wendung …
In dem vorletzten Kapitel wird es übernatürlich! Erst vor Kurzem hat Ruri einem ihrer Verehrer aus ihrer Schule einen sprichwörtlichen Korb gegeben – für sie gibt es nur ihren schwarzhaarigen Kater Nero. Am liebsten, so sagt sie, möchte sie diesen als ihren festen Freund wissen. Was sie dabei nicht ahnt ist, dass ihr Haustier womöglich über antike Kräfte verfügt, die der Menschheit unbekannt sind …
Mit Q & A der irdischen Begierde wurde nun eine der frühsten Arbeiten der Autorin auf Deutsch veröffentlicht. Die junge Maria betet in der Nähe einer Tempelanlage zu ihren Vorfahren. Sie möchte die Geister darum bitten, dass sie es schafft, endlich mit Männern intim zu werden. Bei ihrem Gebet wird sie von dem jungen Mönch Kuon beobachten, der gerne seine Hilfe anbietet …
Zeichenstil
Auch in diesem Band handelt es sich um eine Art Zeitreise durch die Historie der künstlerischen Entwicklung der Mangaka. Die älteste der enthaltenen Geschichte stammt aus dem Jahr 2006 – entsprechend sind Unterschiede zum heutigen Stil Hibikis zu bemerken. Damals orientierte sie sich bei den Charakterdesigns beispielsweise stärker am Shoujo-Segment; die Größe der Augen sowie die Linienführung der Frisuren zeigt dies offenkundig auf.
Auch in den später entstandenen Episoden dieser kurzen Zusammenstellung ist die Mädchenmanga-Optik noch immer allgegenwärtig. Der Gebrauch von Rasterfolie entspricht bekannten Mustern, fällt jedoch zu keinem Zeitpunkt negativ auf. Der Detailgrad der angezeigten Hintergrundgestaltung ist nicht einheitlich – zumeist jedoch eher als geringfügig zu beschreiben. Insgesamt erscheint die Visualisierung zweckmäßig mit gelegentlichen Höhepunkten, die jedoch nicht ausschlaggebend sind.
Die als aufreizend deklarierten Inhalte sind im zweiten Band nur sehr bedingt der Altersempfehlung von 16 Jahren zuzuordnen, das herangewachsene Publikum könnte die Darstellungen als zu kindlich kritisieren und somit den Titel Sexy Short Stories enttäuschend finden. Dennoch ist anzuerkennen, dass die dargestellten Inhalte zumindest thematisch über den zarten Shoujo-Stoff anderer Publikationen hinausgehen.
Storytelling
Mit Bezug auf die Erzählweise sind die bekannten Strukturen festzustellen. Zunächst werden die jeweiligen Hauptfiguren gegenüber der Leserschaft vorgestellt sowie deren Beziehung zueinander definiert. Anschließend kommt ein durch Emotionen dominierter Konflikt auf, dessen Lösung innerhalb einer vergleichsweise geringen Anzahl an Seiten behandelt wird.
Mit Ausnahme des vierten Kapitels sind im Wesentlichen keine innovativen Erzählungen zu erwarten, die das Genre neu definieren würden. Dennoch können die lockeren Handlungen durchaus gefallen, sofern klassische Kurzgeschichten dem eigenen Geschmack entsprechen. Sowohl der Verlauf als auch das Ende der einzelnen Episoden wirkt dabei glücklicherweise nicht übereilt, wenngleich vereinzelt eine Fortsetzung – aufgrund der Sympathie zu den beiden Hauptfiguren – unsererseits nicht abgelehnt werden würde.
Obwohl Kurzgeschichten häufig durch limitierende Faktoren wie den gestatteten Umfang eingeschränkt sind, erscheinen die im zweiten Band der Sexy Short Stories enthaltenen Handlungen dahingehend nur sehr bedingt negativ beeinflusst. Ein potenziell entscheidender Vorteil einer solchen Sammlung ist allerdings, dass das Lesen bereits nach wenigen Seiten unkompliziert pausiert werden kann – ohne eine inhaltliche Unterbrechung des Leseflusses fürchten zu müssen. Das Leseverhalten unterliegt letztlich jedoch stets den individuellen Präferenzen.
Fazit
Der zweite Band offeriert eine Art Shoujo Stories Plus – es handelt sich dabei weniger um erotische als um schnelllebig-romantische Kurzgeschichten. Obwohl aufgrund des erklärten Umfangs der einzelnen Kapitel kein tiefgreifender Inhalt von diesen zu erwarten ist, könnten Fans von prägnanter Erzählungen in Sexy Short Stories eine gute Empfehlung „für das Lesen zwischendurch“ sehen.
Außerdem bietet auch dieses als Einzelband konzeptionierte Buch interessante Einblicke in die (Weiter)Entwicklung des Zeichenstils von Autorin und Zeichnerin Ai Hibiki – die Leserschaft von ihren beiden populären Werken Dein Verlangen gehört mir und Unwiderstehlicher S könnte dies unter Umständen als interessant betrachten.
Hinsichtlich des Storytellings sind im Wesentlichen keine Mängel zu benennen – anders als in Bezug auf die deutschsprachige Bearbeitung des Titels. Neben mindestens einem Rechtschreibfehler sticht an zwei Stellen im vierten Kapitel eine unglückliche Formatierung hervor. Hierbei wurden zwei Worte zwecks Betonung besonders dick gedruckt, zu dick. Denn es ist nur durch den Kontext möglich, diese zu erahnen.
Abschließend bedanken wir uns zudem beim Hamburger Herausgeber TOKYOPOP für die Bereitstellung eines Exemplars, das diesen Beitrag ermöglicht. Der Manga kann beispielsweise hier im offiziellen Webshop des Verlags bestellt werden – in diesem läuft gegenwärtig zudem eine interessante Marketing-Aktion zu Tite Kubos Bleach-Neuauflage EXTREME.