Ersteindruck zu „Run Away With me, Girl“
Hayabusa veröffentlichte Ende März nicht nur einige Boys-Love-, sondern mit Run Away With me, Girl auch einen Girls-Love-Manga. Dessen deutschsprachige Veröffentlichung ist etwas ganz Besonderes, denn selbst in Japan ist der Titel bislang nur digital erhältlich. Der Verlag spricht zurecht von einer „Weltpremiere in Buchform“. Für den nachfolgenden Artikel haben wir uns den Auftakt genauer angeschaut.
Erst seit wenigen Wochen ist der erste von insgesamt zwei Doppelbänden für 12 Euro (D) im Handel erhältlich. Die deutsche E-Book-Fassung besteht aus vier Bänden und orientiert sich dabei an der Original-Aufteilung der Geschichte. Preislich liegt die digitale Ausgabe bei 4,99 Euro pro Band. Die ersten beiden Bände sind hierbei parallel zur gedruckten Variante erschienen.
Diese wartet mit einem Gesamtumfang von rund 260 Seiten im Großformat auf. Mattes Papier dient als Untergrund der doppelseitig bedruckten Farbseite. Darüber hinaus ist die gesamte Coveroberfläche großzügig mit Spot-Lack veredelt, sodass diese bei Lichteinfall reflektiert. In Erstauflage dürfen sich Fans außerdem auf eine beschichtete Postkarte freuen. Bei dieser scheint es allerdings zu einem Produktionsfehler gekommen zu sein – bei einigen Exemplaren löst sich an der rechtsgelegenen Kante die Beschichtung des Goodies.
Inhaltsbeschreibung
Als Mädchen besuchten Maki und Midori gemeinsam die Oberschule. Zu dieser Zeit waren die beiden beinahe unzertrennlich, sie schwänzten zusammen den Unterricht und entwickelten schließlich eine Beziehung, die die Grenzen von Freundschaft überwand. Jeden Tag verabschiedeten sie sich mit einem Küsschen – bis zum Tag des Schulabschlusses.
Denn zu diesem Anlass verkündete Midori, dass es nun heiße, erwachsen zu werden. Für eine Beziehung dieser Art, die einer Realitätsflucht gleiche, sei im weiteren Leben keinen Platz. Sie schlug sogar vor, zu schauen, wer schneller einen Freund finden würde. Diese Worte verletzten Maki, die Midori stets aufrichtig liebte, sehr. Auch zehn Jahre später beschäftigen diese Gefühle die junge Frau noch immer.
Mittlerweile schreibt sie an ihrer Master-Arbeit und steht somit kurz vor ihrem Universitätsabschluss, für japanische Verhältnisse also höchste Zeit an das Heiraten und das Gründen einer eigenen Familie zu denken. Die 28-jährige Studentin hat seit ihrer Oberschul-Beziehung mit Midori keinerlei romantische Erfahrungen mehr gemacht. Um sich nicht mit der Frage nach ihrem weiteren Leben beschäftigen zu müssen, schiebt sie immer wieder ihre universitäre Ausbildung vor.
Als sich die beiden ehemaligen Freundinnen jedoch zufällig wieder begegnen, kochen die Gefühle von Maki unvorhergesehen wieder auf. Anfänglich von einer gewissen Euphorie über diese vielleicht schicksalhafte Begegnung getrieben, wird Makis Freude schon bald gebremst, als Midori ihr ihre baldige Heirat offenbart – und sie obendrein zu dieser einladen möchte.
Da sie schwanger sei, haben sich Midori und ihr Partner namens Tazune zu diesem Schritt entschieden. Denn in Japan sind gesellschaftlich nur eheliche Kinder erwünscht. Maki ist zwar wenig begeistert von dieser plötzlichen Offenbarung, doch willigt ein, Midori privat zu besuchen und lernt schließlich auch ihren Verlobten kennen. Dabei muss sie feststellen, dass ihr dessen Umgang mit ihrer ehemaligen Mitschülerin entschieden missfällt. Midori lächelt unterdessen über das Problem hinweg, mittlerweile eine Gewohnheit von ihr.
Im ersten Doppelband werden sowohl die Haupt- als auch Nebenfiguren sowie das erklärte Setting vorgestellt. Besonders die Darstellung der verschiedenen Sichtweisen ist dabei belobend hervorzuheben. Neben Maki und Midori wird auch die Sichtweise von Tazune wiedergegeben. Mit einer Kollegin Midoris, einer Frau namens Azusa, die ebenfalls an Tazune interessiert ist, und Makis Freund Komari sind darüber hinaus zwei sehr interessante Nebenfiguren geboten, die im nächsten und zugleich letzten Sammelband sicherlich eine tragende Rolle einnehmen.
Autorin battan stimmt in ihrem Werk eine sehr melancholisch geprägte Atmosphäre an, die aufgrund der gefühlsintensiven Schilderungen realitätsnah erscheint und dadurch die Leserschaft emotional zu berühren weiß. Gleichzeitig wird ein gewisses Verständnis für die Handlungsweisen der verschiedenen Charaktere geschaffen, insbesondere in Bezug auf den Verlobten Tazune kam dies sehr überraschend.
Visualisierung
Der Zeichenstil ist ebenso bewundernswert wie die angesetzte Erzählweise. Die verschiedenen Charakterdesigns sind rundlich gehalten, so auch die übrige Linienführung. Hinsichtlich des Seitenaufbaus ist eine inneliegende Ordnung zu erkennen, die den Lesefluss erleichtert. Zugleich wirkt die Panel-Aufteilung abwechslungsreich.
Im Allgemeinen wirkt die Atmosphäre sehr zart, Kontraste verleihen der Bebilderung dabei eine feine Struktur. Am besten lässt sich der Stil vielleicht als „verträumt“ beschreiben. Um der Leserschaft verständnistechnisch entgegenzukommen, sind Szenen, die in der Vergangenheit spielen, durch eine schwarz gefärbte Umrandung hervorgehoben.
Mittels der hier verlinkten Leseprobe kann – und sollte – sich jeder einen eigenen Eindruck von der Geschichte und deren Bebilderung machen. Dabei kann das komplette erste Kapitel kostenlos betrachtet werden – inklusive der eingangs erwähnten Farbseite. Da der Band aufgrund des enthaltenen Extras eingeschweißt ist, besteht in der Regel keine Möglichkeit, im Laden vor Ort in den Manga reinzuschauen – entsprechend ist diese Preview sehr zu empfehlen.
Fazit
Wer einmal einen richtig guten, ernsthaften Girls-Love-Manga lesen möchte, wird in Zukunft wohl nicht um Run Away With me, Girl herumkommen – und sollte es auch nicht. Denn in ihrem Deutschland-Debüt präsentiert Autorin und Zeichnerin battan eine Geschichte, die mit ihren Inhalten eine reife Leserschaft adressiert. Dabei verbleibt die Erzählung aufgrund der gegeben Charaktertiefe als glaubhaft im Gedächtnis.
Die verschiedenen Handlungsmotive sind nachvollziehbar, wenn auch nicht zwingend gutzuheißen. Es obliegt dem Publikum, die einzelnen Figuren in ihrem Verhalten einzuordnen, die Mangaka reicht dafür genügend Impulse an. Perspektivisch ist auch die Einbindung der verschiedenen Zeitebenen als sehr gelungen zu bezeichnen. Der Erzählfluss ist angenehm dynamisch, lässt während dem Lesen aber Raum, um eigene Gedanken zu dem Geschehen zu entwickeln. Visuell besticht der Titel, wie im entsprechenden Absatz dieser Besprechung beschrieben.
Abschließend bedanken wir uns für die unverbindliche Bereitstellung eines Belegexemplars durch das Team um Hayabusa.