Ersteindruck zur Master Edition von „Knights of Sidonia“
Zwischen Dezember 2010 und Juni 2017 veröffentlichte Egmont Manga Knights of Sidonia erstmals auf Deutsch. Längere Zeit galt die Sci-Fi-Serie als verlagsvergriffen – bis jetzt, denn das Ludwigsburger Label Manga Cult hat vor Kurzem mit der Veröffentlichung einer Neuauflage begonnen. Wir haben uns den ersten Band der sogenannten Master Edition genauer angeschaut und fassen im Folgenden unsere bisherigen Eindrücke zu dieser zusammen.
Seit Anfang April ist der erste von sieben Hardcover-Sammelbänden auf Deutsch erhältlich. Der Manga wartet mit einem außerordentlichen Großformat von 16,4 x 24,4 cm, einem Gesamtumfang von rund 400 Seiten sowie mehreren Farbseiten auf. Außerdem ist die Papierqualität höher als bei gewöhnlichen Taschenbuchveröffentlichungen. Diese sehr hochwertige Ausstattung spiegelt sich allerdings auch im Preis von 28,00 € wieder. Eine E-Book-Fassung wird zurzeit nicht angeboten.
Inhaltsbeschreibung
Im Jahr 2109 begegnete die Menschheit außerhalb unseres Sonnensystems dem ersten Gauna, einer außerirdischen Lebensform. Ein Zusammenschluss von vieler dieser Wesen wird als Mutterschiff bezeichnet. Alle Kommunikationsversuche mit diesem schlugen fehl. Über 200 Jahre nach der ersten Begegnung, im Jahr 2371, sind 46 Gauna unangekündigt auf der Erde eingetroffen. Später brach die Erde auseinander.
Am 02. August 2384 brach die Sidonia, ein riesiges Raumschiff, auf. Nach der Gauna-Invasion haben mehrere hundert bemannte wie unbemannte Schiffe das uns bekannte Sonnensystem unbeschadet verlassen können. Mittlerweile sind über 1000 Jahre vergangen – noch immer ist die Sidonia unterwegs, Kontakt zu anderen Schiffen besteht nicht. Die Feindschaft zu den Gauna währt allerdings fort.
Von all dem hat Nagate Tanikaze nichts mitbekommen, denn sein ganzes Leben hat er bislang in einem Versteck im sogenannten Unterdeck verbracht – nach dem Tod seines Großvaters auch ganz alleine. Als er bei dem Versuch, Reis von einer Produktionsstätte zu entwenden erwischt wird, stellt man ihn bei seiner Flucht und übergibt ihn den zuständigen Übermittlungsbehörden. Dort wird er intensiv befragt, bis jemand Unbekanntes eine entlastende Bürgschaft für ihn übernimmt. Diese mysteriöse Person stellt sich als Kapitän der Sidonia heraus.
Um die neu aufgebaute Existenz an Bord zu beschützen, wurden entsprechende Truppen gebildet. Speziell ausgewählte Soldaten treten den Gauna in Mechas mit besonderen Speeren, die bislang als das einzig effektive Mittel gegen die weitgehend unerforschten Lebensformen gelten, entgegen. Dabei riskieren sie mit jedem Einsatz ihr Leben. Nagate wird aus unbekannten Gründen einer solchen Einheit zugeordnet und lebt ab sofort nicht nur in einem entsprechenden Wohnheim mit seiner Kameradschaft, sondern muss auch schon bald zum gefährlichen Kampf gegen einen gesichteten Gauna ausrücken …
Der Auftakt umfasst die ersten elf Kapitel der Geschichte, die das zuvor erläuterte Setting aufzeigen und schrittweise weiterentwickeln. Im Mittelpunkt steht Protagonist Nagate sowie dessen Körper, der über unerklärliche Selbstheilungskräfte zu verfügen scheint. Des Weiteren ist sein eigensinniges Verhalten wiederholt im Fokus der Handlung. Auch das Wesen der Gauna gibt der Leserschaft Rätsel auf.
Dadurch baut Autor Tsutomu Nihei eine gewisse Spannung auf, die darüber hinaus durch Mecha-Kämpfe effektiv ergänzt wird. Außerdem beinhaltet die Science-Fiction-Erzählung verschiedene Aspekte zwischenmenschlicher Beziehungen, die jeweils Hauptfigur Nagate und seine Kameradschaft betreffen.
Visualisierung
Die Darstellung ist überwiegend strikt schwarz-weiß gehalten, durch den Einsatz von Rasterfolie sind strukturgebende Grauabstufungen enthalten. Eine präzise Linienführung und große, monoton ausgefüllte Flächen sind sicherlich zentrale Stilmerkmale von Zeichner Tsutomu Nihei, der hinsichtlich der Präsentation häufig auf großformatige Darstellungen setzt.
Diese sind mit besonderem Detailreichtum veredelt. Sowohl die Hintergrundgestaltung als auch das Mecha-Design sind, dem Setting gemäß, futuristisch aufgebaut. Während die Seitenaufteilung im Allgemeinen sehr übersichtlich ist, verliert sich dieser Eindruck während den verschiedenen Gefechten mit den Gauna zeitweise. Mit gesteigerter Aufmerksamkeit bleibt den Geschehnissen trotz dem sprunghaften Erzählverlauf aber gut zu folgen. Sporadisch fällt es zudem schwer, einzelne Figuren voneinander zu unterscheiden, da sich deren Charakterdesign ähnelt. Sich die Namen gut einzuprägen hilft dahingehend allerdings.
Um sich einen eigenen Eindruck von der Visualisierung zu machen, stellt das Ludwigsburger Label auf der offiziellen Webseite eine kostenlose Leseprobe bereit. Diese ist hier hinterlegt und zählt elf Seiten, auch der erste kolorierte Abschnitt ist zu betrachten. Die Master Edition ist im regulären Handel eingeschweißt, weswegen es in der Regel nicht möglich ist, vor Ort einen Blick in das Innere zu werfen.
Fazit
Knights of Sidonia ist im Vibe dem BLAME!-Franchise sehr ähnlich, in der Erzählweise allerdings deutlich zugänglicher. Autor und Zeichner Tsutomu Nihei baut erneut ein interessantes Science-Fiction-Universum auf, in dem verschiedene Mecha-Elemente Raum finden. Gerade letztere lassen das Fan-Herz Interessierter sicherlich höherschlagen.
Im ersten Sammelband werden dabei im Wesentlichen aber mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet. Dadurch wird die Leserschaft zugleich eingeladen, um die Mysterien des dystopischen Settings mitzurätseln und sich somit aktiv mit den Geschehnissen zu beschäftigen. Gleichzeitig scheinen die noch nicht enthüllten Gegebenheiten vorhersehbar. Inwiefern sich diese bewahrheiten, verbleibt noch abzuwarten.
Einzelne Handlungsstränge sind zeitweise konfus, sowohl wegen der sprunghaften Erzählgeschwindigkeit als auch wegen der sich teilweise ähnelnden Charakterdesigns. Entsprechend ist unbedingt zu aufmerksamen Lesen zu raten. Der sehr bildbasierte Erzählstil verführt zugegebenermaßen auch, nicht immer so genau hinzuschauen. Das pure Überfliegen ist sich in diesem Fall idealerweise zu verkneifen, um den beeindruckenden Stil zu genießen wie zu würdigen.
Sowohl die eingangs erklärte Geschichte als auch die luxuriöse Ausstattung der deutschen Neuauflage richten sich an ein ausgesuchtes Publikum. Mit 28,00 € pro Band ist die Reihe sicherlich kein Schnäppchen, aber es lohnt sich für anspruchsvolle Fans sicherlich. Denn die Master Edition brilliert vor allem durch ihre produktionstechnische Qualität, die der vorangegangen Neuauflage von BLAME! angepasst ist. Beide Nihei-Titel passen im eigenen Regal somit zusammen und ergeben innerhalb der Sammlung ein harmonisches Gesamtbild.
Abschließend bedanken wir uns bei Manga Cult für die unverbindliche Bereitstellung eines Belegexemplars.