Interview über „Detektiv Conan WEEKLY“ mit Marco von Egmont Manga
Seit drei Jahren veröffentlicht Egmont Manga mit Detektiv Conan WEEKLY bereits den Simulpub zu Detektiv Conan, die neuesten japanischen Kapitel werden kurz nach ihrer Veröffentlichung auf Deutsch angeboten. Zu diesem Anlass durften wir mit dem zuständigen Redakteur – Marco – ein Interview führen. Wir plauderten über die Entstehung des Projektes und hatten auch einige kritische Fragen an ihn.
In Japan erscheinen die Kapitel von Detektiv Conan im Magazin Shounen Sunday von Shogagukan – immer mittwochs. Im April 2018 startete Egmont Manga das Projekt Detektiv Conan WEEKLY, anfangs wurden die übersetzten Kapitel direkt einen Tag später auf Deutsch veröffentlicht. Wegen des hohen Aufwands verschob das Berliner Label die Publikation allerdings später auf montags. Die Kapitel von Detektiv Conan WEEKLY können für je 0,99 € über Amazon, Apple iTunes, GoogleBooks und Kobo erworben werden.
Für dieses sehr offene und ehrliche Interview bedanken wir uns nochmal bei Marco!
Nachfolgend werden wir uns selbst mit MP abkürzen. Wir wünschen viel Spaß mit dem Interview.
MP: Hallo Marco und vielen Dank, dass du dir die Zeit für die Beantwortung ein paar unserer Fragen nimmst!
Marco: Klar, gerne doch, vielen Dank für das Interesse!
MP: Heute soll es um Detektiv Conan WEEKLY gehen. Erzähl doch mal, wie ist es dazu gekommen, dass ihr die neuesten Kapitel aus Japan simultan auf Deutsch veröffentlicht.
Marco: Erst mal muss ich anmerken, dass ich nicht von Anfang an dabei war. Ich arbeite erst seit Oktober 2018 in der Redaktion von Egmont Manga. Zu diesem Zeitpunkt lief das Projekt bereits, vor allem wenn man die sehr umfangreiche Planungsphase miteinbezieht.
Angefangen hat es letzten Endes aber damit, dass man auch im Manga-Genre das Konzept Simultanveröffentlichung ausloten wollte. Wir wissen alle, dass es zur echten Geduldsprobe werden kann, zwei oder mehr Monate auf einen Folgeband zu warten. Und da der eBook-Markt stetig wächst, lag es nahe, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und sich anzuschauen, welche Anforderungen und potentielle Schwierigkeiten ein simultaner, digitaler Release einzelner Kapitel mit sich bringt. Dass die Wahl auf Detektiv Conan gefallen ist, liegt einerseits an der seit fast 100 Bänden anhaltenden Beliebtheit und natürlich dem Kultcharakter der Serie. Andererseits wird Detektiv Conan in Japan in einem wöchentlich erscheinenden Magazin veröffentlicht und ist somit ein perfekter Kandidat für ein solches Projekt – auch wenn Aoyama-sensei vermehrt Pausen einlegt, die den Begriff „Weekly“ etwas irreführend machen. ?
MP: Da das Projekt ja etwas Neues für den deutschen Markt war, gab es bestimmt einige Schwierigkeiten. Kannst du hierzu etwas erzählen, auf welche Probleme ihr anfänglich vielleicht gestoßen seid?
Marco: Das größte Problem ist die knapp bemessene Zeit. Wer sich schon mal mit Redakteuren unterhalten, Interviews gelesen oder Streams geschaut hat, hat womöglich mitbekommen, dass viel mehr Arbeit in der Veröffentlichung eines Manga steckt, als man annehmen würde. Es kann gut sechs Monate dauern, bis man aus einem japanischen einen deutschen Manga gemacht hat. Bei Detektiv Conan WEEKLY haben wir eine Woche Zeit … Ja, tatsächlich. Eine einzige Woche. Klar, es handelt sich in der Regel nur um ein einzelnes Kapitel mit 16 Seiten, aber wie ihr euch sicher vorstellen könnt, zählt trotzdem jeder Tag. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Detektiv Conan ein sehr textlastiger und teils ziemlich komplizierter Manga ist, der dem Übersetzer alles abverlangt. Fällt dieser beispielsweise aus, gibt es zwar Ersatz, aber es kam bereits vor, dass sowohl Übersetzer als auch seine Vertretung nicht einsatzbereit waren. Die pünktliche Veröffentlichung des jeweiligen Kapitels ist dann nicht mehr zu schaffen.
MP: Kannst du etwas dazu sagen, wie Detektiv Conan WEEKLY von den Fans bisher angenommen wird? Lohnt sich der Simulpub für euch?
Marco: Reich wird man durch Manga-Simulpubs ganz sicher nicht. Dafür ist auch der eBook-Markt schlicht noch zu klein. Die meisten Leser:innen bevorzugen es, ein tatsächliches Buch in den Händen zu halten, und das Kaufen einzelner Kapitel ist für viele Neuland. Meiner Einschätzung nach wird das Angebot derzeit in erster Linie von langjährigen und besonders begeisterten Detektiv Conan-Fans wahrgenommen. Das heißt allerdings nicht, dass sich das Projekt nicht lohnen würde. Allein die gesammelte Erfahrung ist sehr wertvoll im Hinblick auf die zukünftige Arbeit mit digitalen Manga.
MP: Inwiefern unterscheidet sich der Lizenzierungsprozess gegenüber dem von ganzen Bänden? Ist das ein laufender Vertrag oder müsst ihr jedes Kapitel neu lizenzieren?
Marco: Glücklicherweise unterscheidet sich hier nicht allzu viel. Es wird im Vorfeld ein Vertrag abgeschlossen. Müssten wir jedes Kapitel einzeln lizenzieren, wäre das Projekt de facto nicht umzusetzen. Insbesondere wenn man bedenkt, wie viel Zeit Vertragsverhandlungen stellenweise in Anspruch nehmen können.
MP: Manchmal kommt es zu Verzögerungen bei der Veröffentlichung von einzelnen Kapiteln. Woran liegt das?
Marco: Wir hatten eigentlich schon die ganze Palette. Von Klassikern wie krankheitsbedingten Ausfällen einzelner Beteiligter bis hin zum von den japanischen Kollegen versäumten Daten-Upload. Letzterer findet tatsächlich immer erst kurz vor Veröffentlichung des Kapitels in Japan statt, da auch dort mit sehr knappen Deadlines gearbeitet wird. Auch technische Probleme sind natürlich keine Seltenheit. Fehlerhafte Uploads oder beschädigte Dateien lassen sich in der Regel mit wenigen Handgriffen beheben, aber auch das kostet Zeit – und davon haben wir wie gesagt nur wenig. Deswegen fallen solche Dinge viel deutlicher ins Gewicht als bei regulären eBooks. Zudem gibt es einiges, das schlicht außerhalb unseres Einflussbereichs passiert. Es kann im schlimmsten Fall mehrere Tage in Anspruch nehmen, bis ein Produkt überhaupt auf Plattformen wie Amazon offiziell gelistet wird. Um diese Verzögerungsquote zumindest ein wenig zu entschärfen, haben wir vor einiger Zeit die Veröffentlichung von Donnerstag auf Montag verschoben.
MP: Aus der Detektiv Conan-Community nimmt man Stimmen wahr, dass einige Übersetzungsfehler aus Detektiv Conan WEEKLY mit in die gedruckten Bände übernommen werden. Magst du uns den Prozess erklären, wie es mit den einzelnen Kapiteln nach dem Simulpub weitergeht und wie diese dann im Band landen?
Marco: Dass Fehler in den Einzelkapiteln auftreten, ist angesichts des Zeitdrucks, der Flüchtigkeitsfehler begünstigt, zunächst nur bedingt zu vermeiden. Gleichzeitig merkt man manchen Übersetzungen erst ihre Fehler an, nachdem man eine Woche später das Folgekapitel gelesen und den Kontext richtig eingeordnet hat.
Sobald der japanische Originalband erscheint, schicke ich das Buch an den Übersetzer, der es anschließend mit den zuvor veröffentlichten Einzelkapiteln abgleicht und mir Stellen auflistet, die noch angepasst werden müssen. Diese Anpassungen gehen dann zusammen mit den Daten des japanischen Bandes – die sich an einigen Stellen von den WEEKLIES unterscheiden, da Aoyama-sensei meist noch ein paar Zeichnungen korrigiert – ins sogenannte Lettering, wo die Buchstaben in den Sprechblasen landen. Hier wird ein Großteil der Übersetzung aus den WEEKLIES in die Buchdaten übertragen, da die Textinhalte meist unverändert bleiben, und dann gemäß den Anmerkungen des Übersetzers angepasst. Ihr merkt, es ist ein ziemlich komplexer Prozess, bei dem einiges schiefgehen kann. Es kam leider auch schon vor, dass fälschlicherweise die WEEKLY-Daten anstelle der Buchdaten verwendet wurden.
Alle Beteiligten werden jedoch mit jedem Kapitel routinierter und lernen, auf die vielen fiesen Stolperdrähte zu achten, weswegen derartige Fehler hoffentlich bald vollständig der Vergangenheit angehören.
MP: Sind möglicherweise noch mehr Simulpubs in Planung oder ist das eher ein einmaliges Ding für Detektiv Conan?
Marco: Wer uns auf Social Media folgt oder einen unserer jüngsten Interview-Streams gesehen hat, weiß womöglich, dass wir ein sehr kleines Team sind. Allein die Betreuung eines einzelnen solchen Projekts strapaziert unsere geringen Kapazitäten derart, dass ich weitere Simultanveröffentlichungen derzeit für ziemlich unwahrscheinlich halte – auch wenn wir natürlich immer die Augen offenhalten, ob sich irgendein Manga besonders gut für Simulpub oder andere spannende Ideen eignen könnte.
MP: Vielen Dank für das Interview!
Marco: Danke auch!