XXL-Review: Bright Sun – Dark Shadows
Nachdem wir bereits die abgeschlossene Reihe Die Tanuki-Prinzessin von Mayu Minase in Form einer dreiteiligen XXL-Review besprachen, widmet sich die Redaktion von Manga Passion nun einem noch laufenden Titel: Bright Sun – Dark Shadows von Autor und Zeichner Yasuki Tanaka. Die folgende Besprechung umfasst alle drei bisher erschienen Bände der japanischen Thriller-Reihe.
Während in Japan bereits elf Bände gefüllt sind, erschien in Deutschland das Buch mit der Nummer Drei erst Anfang des Monats. Aktuell ist es also noch relativ unkompliziert möglich, die Reihe aufzuholen. Dabei könnte der Titel nicht nur inhaltlich gefallen, sondern dich auch durch eine besondere Aufmachung zum Kauf einer Erstauflage animieren. Womit Bright Sun – Dark Shadows aufwarten möchte, erklären wir nun.
Äußerlich betrachtet ist hierbei neben den ansehnlichen Coverdesigns vor allem auf die Veredelung dieser zu verweisen. So sind die einzelnen Bände sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite mit Spotlack stellenweise veredelt. Das dadurch aufgetragene Muster wird im richtigen Blickwinkel auf die jeweiligen Cover sichtbar und ist auch haptisch wahrnehmbar. Die Gestaltung korrespondiert mit der Handlung des Mangas.
SUMMER TIME RENDER ©︎ 2017 by Yasuki Tanaka/SHUEISHA Inc.
Außerdem liegen der jeweiligen Erstauflage der Bände Hinweiskarten im Postkartenformat bei. Diese beinhalten eine Art Bonus zu der im Werk selbst dargelegten Geschichte. Beispielsweise berichten diese aus der Sicht eines Nebencharakters. Jene Karten sind in Farbe gedruckt, das verwendete Papier ist allerdings von äußert geringer Qualität und reißt sehr leicht. Beim Kauf ist außerdem darauf zu achten, dass das Extra nicht aus den Seiten des Mangas herauszeigt und durch das Einschweißen eingeknickt wurde – wie bei unserem Prüfexemplar.
Die Gesamtzeitenanzahl von jedem der drei Bände beträgt zwischen 192 und 208. Mit 6,95 Euro (D) pro Band liegt der Titel preislich im normalen Rahmen. Eine digitale E-Book-Variante ist über Amazon, Kobo und iTunes für den reduzierten Satz von 4,99 Euro bereits erhältlich. Soweit zu den äußeren Begebenheiten. Im Folgenden widmen wir uns der Handlung, den Zeichnungen sowie dem Storytelling. Bevor wir daraus ein prägnantes Fazit konkludieren, geben wir dir zudem einige Informationen zum besonderen Handlungsort der Geschichte.
Handlung
Vor zwei Jahren war Protagonist Shinpei zuletzt in seiner Heimat Hitogashima, einer fiktiven Insel Japans. Nun ist der Auszubildende aus Tokyo zurückgereist – eines Trauerfalls wegen. Seine gute Bekannte und Kindheitsfreundin Ushio ist im Meer zu Tode gekommen. Auf der Trauerfeier erfährt er, dass die Todesursache seitens des einzigen Arztes der Insel offiziell als Unfall eingestuft wird.
Der Sohn von eben jenem Mediziner ist sich allerdings sicher, dass Würgemale den Hals der zu Tode gekommenen Schülerin zeichneten. Angeblich sei sie bei dem Versuch, ein junges Mädchen vor dem Ertrinken zu retten, umgekommen. Die entsprechenden Male an der Kopf-Rumpf-Verbindung deuten jedoch auf ein Gewaltverbrechen hin – doch warum wird das seitens der Polizei und dem Arzt ignoriert, fragt sich nicht nur Shinpei, sondern sicherlich auch Mio, die kleine Schwester der Toten. Auch sie kennt Shinpei seit Kindertagen.
Auf der Insel ist eigentlich jeder mit jedem gut bekannt, doch kommen Shinpei ehemalige Bekannte auf einmal seltsam verändert vor. Eine Frau, die ihm auf der Fähre nach Hitogashima gegenübersaß, ist dagegen nicht mehr im Ort aufzufinden, obwohl die Insel vergleichsweise klein ist. Von einem Bewohner von dieser bekommt Shinpei schließlich einen Mythos weitergetragen, der die Menschen zum Schaudern bringt.
Es heißt, dass sich das Grauen auf das von Wasser umgebende Gebiet gelegt hätte. Gerüchten zufolge existieren Doppelgänger aller Bewohner, die nicht nur genauso aussehen, sondern auch über andere Fähigkeiten verfügen sollen. Nach der Begegnung mit einem solchen Doppelgänger sei eine spirituelle Reinigung unbedingt nötig, da ansonsten der Tod auf einen warte. Der mysteriöse Inselbewohner bezieht das Wissen von seinem mutmaßlich verstorbenen Großvater und erklärt, dass diese Krankheit Plage der Schatten genannt wird.
Bei dieser ersten Begegnung erklärt er allerdings nicht, inwiefern es möglich ist, die potenzielle Kopie eines Menschen zu identifizieren. Außerdem eröffnen sich weitere Fragen. Einerseits nach der Glaubwürdigkeit dieser Sage, andererseits nach einem möglichen Zusammenhang zu dem Todesfall Ushios, der Shinpei immer mysteriöser erscheint. Er beschließt, intensiv nachzuforschen.
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Schon bald trifft er dabei auf die Touristin, die er auf den ersten Seiten der Geschichte bereits gesehen hat – angeschossen und gegen einen Baum gelehnt. Als er seine Augen wendet und den mutmaßlichen Täter visuell erfasst, kann er seinem Sinnesorgan zunächst nicht trauen, denn da steht auf einmal eine ihm wohl bekannte Freundin mit einer offensichtlich funktionierenden Schusswaffe in der Hand.
Sie hält eine Geisel … und zwar sich selbst. Shinpei realisiert in nur einem Augenblick, dass der zuvor vernommene Mythos um die Plage der Schatten durchaus einen nicht zu verachtenden Grad Wahrheit zu beinhalten scheint. Trotz frühzeitiger Erkenntnis ist es für ihn jedoch zu spät. Da die Handlung an dieser Stelle jedoch nicht ihr Ende findet, ist dem Protagonisten eine zweite Chance geboten, aber ob diese ausreicht?
Darüber und über die weiteren Begebenheiten hinsichtlich der Konfrontation mit diesen Doppelgängern berichtet der Crime-Thriller-Manga in seinen ersten Bänden. Dabei nimmt die Geschichte bereits im Auftakt wegweisende Form an, die wir in oben zusammengefasster Handlung nur angedeutet haben, da wir diese nicht vorwegnehmen möchten. Der zweite und dritte Band setzen die Erzählung fort.
Nachdem Bright Sun – Dark Shadows anfangs an die US-amerikanische Serie Lost erinnert, löst sich dieser Ersteindruck mit den beiden folgenden Teilen schrittweise auf. Inhaltlich ist an der Geschichte bisher wenig zu kritisieren. Leidglich die rasante Entwicklung der Geschehnisse erscheint stellenweise überzogen. Obgleich die Erzählung darunter bislang wenig litt, bleibt abzuwarten, ob Mangaka Yasuki Tanaka diesen Trend erfolgreich in den folgenden Bänden fortsetzen können wird. Wir bleiben diesbezüglich allerdings zuversichtlich.
Zeichenstil
Zu den Zeichnungen ist Folgendes anzumerken. Zeichner Tanaka beweist Gespür in Bezug auf die Signifikanz seiner darzustellenden Szenen. Während einige weniger wichtige Geschehnisse eher skizzenhaft dargestellt werden, legt er besonderen Fokus auf Schlüsselereignisse innerhalb der Handlung. Diese visualisiert er entsprechend gelungen.
Jedes der etwa zwanzig Seiten umfassende Kapitel bietet dabei jeweils mindestens ein illustratorisches Highlight. Insbesondere der Umgang mit Kontrasten innerhalb des Mangas ist interessant. Neben der Hervorhebung verschiedener Tageszeiten, werden diese vor allem atmosphärisch geschickt genutzt. Große dunkle Flächen schaffen hierbei eine gedrückte wie bedrohliche Stimmung – dies kontribuiert maßgeblich zum Thriller-Gefühl von Bright Sun – Dark Shadows.
SUMMER TIME RENDER ©︎ 2017 by Yasuki Tanaka/SHUEISHA Inc.
Das ansehnliche Charakterdesign ist weiterhin hervorzuheben. Dieses findet einen guten Weg zwischen stereotypisch und individuell, meinen wir. Ob es den durchaus vorhandenen Fanservice in Form von Panty Shots, engen Badeanzügen oder dem plötzlichen Eintreten in das Badezimmer gebraucht hätte, ist diskutabel. Störend sind diese Elemente allerdings nicht. Auch da diese nur einen marginalen Teil aller dargestellten Panels ausmachen. Die allgemeine Dynamik der Handlung lässt schnell weiterblättern.
Hierbei ist außerdem unbedingt lobend zu erwähnen, dass der Druck der deutschen Ausgabe frei von Mängeln zu sein scheint. Trotz diverser Grauabstufungen bleiben diese zu erkennen. Weiterhin scheint selbst die Print-Ausgabe nicht von etwaigen Defiziten hinsichtlich der Druckreinheit betroffen zu sein. Oftmals finden sich viele weiße Pünktchen innerhalb schwarz ausgefüllter Bereiche vor – hier konnten wir dies nur gelegentlich in einer kaum sichtbaren Stärke wahrnehmen. Ob dies auf alle gedruckten Bände einer Auflage zutrifft, ist jedoch ungewiss. Mit Blick auf unsere Prüfexemplare können wir einen positiven Gesamteindruck dahingehend formulieren.
Storytelling
Storytelling – der Kern eines guten Krimis, eines guten Thrillers. Die Leserschaft begleitet dabei Protagonist Shinpei, der zunehmend feststellt, dass sich die Insel zu einem Ort des Schauderns entwickelt hat. Stetig neue Erkenntnisse werfen ihn ebenso aus der Bahn wie die Lesenden. Durch den Schwenk auf die Aktivitäten anderer Figuren, kann das Publikum schrittweise ein breiteres Bild der Geschichte zeichnen.
Die somit bekannten Informationen laden ein, selbstständig mitzurätseln, wie die Vorgänge auf der Insel zu begründen sind. Obwohl gewisse Vermutungen aufgestellt werden können, fehlt es stehts an Belegen. Durch die unglaublich hohe Dynamik der Erzählung stoßen zudem fortlaufend neue zu lösende Situationen hervor. Es ergeben sich Probleme, deren Lösung wiederholte Anläufe bedarf.
SUMMER TIME RENDER ©︎ 2017 by Yasuki Tanaka/SHUEISHA Inc.
Ebenso wandelbar wie Zeit sind allerdings auch die Geschehnisse. Dass bereits kleine Details den Verlauf der Dinge bestimmen können, lernt Shinpei schnell. Umso schwieriger ist es, den Überblick zu bewahren. Dank der dahingehend einfachen Erzählstruktur des Autors steht die Leserschaft allerdings vor keiner großen Herausforderungen. Alle bekannten Abläufe erscheinen konstant nachvollziehbar und transparent.
Über das Setting: Wie fiktiv ist Hitogashima wirklich?
Zwar weißt Autor Yasuki Tanaka darauf hin, dass die Geschichte frei erdacht ist, dennoch basiert das Setting von Bright Sun – Dark Shadows ein Stück weit auf einem realen Vorbild. Denn was wirklich existiert, ist die Insel, die als Vorlage für die fiktive Ortschaft Hitogashima diente. Von der in der Präfektur Wakayama befindlichen Inselgruppe Tomogashima ließ der Mangaka sich dabei massiv inspirieren, wie er verrät.
Selbst die im Auftaktband präsentierte Landkarte stimmt fast genau mit den tatsächlichen Umrissen in der Form überein. Obwohl diese benannte Inselgruppe in der Seto-Inlandsee tatsächlich besteht, ist sie in der heutigen Zeit allerdings unbewohnt. Die in der Handlung des Mangas erwähnten Militärruinen sind allerdings wirklich Teil der Insel. Sie stammen noch aus der Meiji-Periode, wurden also zwischen 1868 und 1912 erbaut. Aufgrund dieser Ruinen der Geschützbatterien sowie der allgemein unberührten Natur, gilt Tomogashima als Geheimtipp unter den Touristen von Wakayama. Seit 1949 ist das Gebiet Teil des Setonaikai-Nationalparks.
Hiroaki Kaneko, 友ヶ島の戦争遺産 (War heritage at Tomogashima) 21 Aug, 2013 - panoramio, CC BY-SA 3.0
Für die Gestaltung von Gebäuden wie Wohnhäusern und einer Schule hat sich der Zeichner zusätzlich externe Vorlagen gesucht. Da nur noch Ruinen auf Tomogashima stehen, dienten Häuser der ebenfalls japanischen Hafenstadt Kada als Vorbild für die in der Geschichte gezeigten Baulichkeiten. Eine japanische Webseite für Touristen beschreibt die am Wasser gelegene Stadt wie folgt:
„Das kleine Fischerdorf Kada bietet einen Blick in Teile des ländlichen Japans, über die selten in Reiseführern geschrieben wird und die im Gegensatz zu den städtischen Touristenfallen des nahe gelegenen Osaka und Kyoto stehen. An der Nordwestküste der Präfektur Wakayama gelegen, ist ein Besuch in Kada eine ruhige und authentische Erfahrung, die in den Zentren der Großstädte nur schwierig zu vermitteln ist.“ (© OSAKA CONVENTION & TOURISM BUREAU, übersetzt)
Das Setting der vorliegenden Manga-Reihe Bright Sun – Dark Shadows ist somit ländlich orientiert. Dies verleiht dem Flair der Handlung sicherlich passende Akzente. Die Abgrenzung von der großstädtischen Bevölkerung paart sich stimmig mit den fiktiven Mythen der Insel. Hinsichtlich der Visualisierung innerhalb der Bände ist zudem zu bemerken, dass die Hintergründe vieler Panel von Fotografien gefüllt sind, die der Autor und Zeichner während seiner Recherche-Arbeiten aufgenommen hat. Dies gibt dem Lesevergnügen einen Feinschliff.
Fazit
Wir ziehen zusammenfassend folgende Erkenntnisse: Obwohl die anfängliche Prämisse von Brigth Sun – Dark Shadows zunächst vertraut wirkt, gelingt es Mangaka Yasuki Tamaka schnell, eigene Akzente in die Handlung einzubringen. In den folgenden Bänden zieht die Dynamik der Erzählung immer weiter an – jedoch ohne sich zu ungeschickt überschlagen. Das Publikum kann dem Geschehen stets folgen.
Außdem ist die hervorragende Arbeit hinsichtlich der Recherche zu beloben. So sind nicht nur geographische Details in die Geschichte eingearbeitet, sondern auch die illustratorische Komponente des Mangas durch die erwähnten Fotografien effektiv erweitert. Die daraus resultierende Gesamtathmosphäre ist in sich stimmig und dürfte auf Zuspruch der breiten Leserschaft stoßen.
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Wir empfehlen unter Kenntnisstand der ersten drei Bände die Mystery-Reihe all jenen, die nach einem spannenden Manga dürsten, der zum Miträtseln einlädt. Übernatürliche Aspekte werden in dem Werk mit den Elementen eines Crime-Thrillers auf gelungene Art und Weise kombiniert.
Final adressieren wir ein großes Dankeschön an die Redaktion von KAZÉ Manga, die diese ausführliche Vorstellung mit der Zusendung von den bisher erschienen Bänden unterstützen. Diese drei ersten Teile sind bereits im regulären Handel erhältlich. Besonders die Erstauflage mit den kostenfreien Beigaben scheint ein gutes Preis-Leistungsverhältnis für die deutschsprachige Leserschaft zu stellen.