Interview mit Deme Kingyobachi – Mangaka von „Madokas Geheimnis“
Passend zur Veröffentlichung des Einzelbandes Madokas Geheimnis durften wir in Zusammenarbeit mit Egmont Manga ein Interview mit der Mangaka des Werkes, Deme Kingyobachi, führen.
Wir möchten uns zunächst herzlich bei Egmont Manga für die Gelegenheit sowie bei dem japanischen Verlag Shodensha, der das Interview genehmigt hat, bedanken. Ein großes Danke sprechen wir an dieser Stellle auch Mangaka Deme Kingyobachi selbst aus, die sich für unsere Fragen Zeit genommen hat. Nachfolgend werden wir Kingyobachi-sensei mit Kingyobachi und uns selbst mit MP abkürzen.
MP: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview mit uns nehmen, Kingyobachi-sensei.
Kingyobachi: Ich danke Ihnen auch!
MP: Was hat Sie zu dieser Geschichte inspiriert? Wieso haben Sie sich in dem Setting dafür entschieden, dass Kinder die Hauptfiguren sind?
Kingyobachi: Die Idee, Kinder als Protagonisten zu nehmen, kam mir, als mein Redakteur meine Zeichnung von einem Kind gelobt hat. Das habe ich bisher nicht unbedingt als meine Stärke wahrgenommen, aber ich schätze die Meinungen von anderen mehr als meine eigene Einschätzung. Aus diesem Grund habe ich also Kinder für die Hauptrollen gewählt.
Die Hauptfigur Madoka trägt in jedem Kapitel ein süßes Kleid. Das ist der Einfluss von dem Card Captor Sakura-Manga, den ich in meiner Kindheit gelesen habe. Die Hauptfigur, Sakura-chan, war immer süß angezogen. Darauf habe ich mich bei jedem Kapitel gefreut. Diese schöne Erinnerung habe ich auf moderne Weise verarbeitet.
Meiner Meinung nach gibt es bei Kinderkleidung keinen großen Trend, deshalb kann man dahingehend freier zeichnen. Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke, denke ich, dass gerade Kinder im Alter von Madoka und Itsuki unabhängig von Geschlecht sagen können, was sie mögen. Ich wollte die Menschen zeichnen, die noch keine Vorurteile besitzen. Jungs und Mädchen werden ja erst je nach Umgebung und Kultur geformt …
MP: Wie sah Ihre Recherche für das Werk aus?
Kingyobachi: Ich habe auf Sozialen Netzwerken wie Instagram viel nach Kindermodels geschaut. Ich habe besonders viel zum Thema Kinderkleidung recherchiert. Die Kleidung ist echt kawaii!! (*süß)
In Wirklichkeit wollte ich nicht unbedingt „Gender“ als Thema nehmen, sondern habe den Manga in Erinnerung an die Erlebnisse meiner Kindheit gezeichnet.
Als Kind mochte ich Röcke irgendwie nicht und hatte Hosen an. Das hat nicht unbedingt etwas mit Gender zu tun. Dafür habe ich auch kein passendes Wort. Das ist eher so ein unwohles Gefühl, das jeder schon mal gehabt hat, denke ich.
Deshalb würde ich mich freuen, wenn ich helfen könnte, jemanden auch nur ein bisschen an gern Gemochtes zu erinnern, was vergessen wurde, weil sich Klassenkameraden darüber lustig gemacht oder Erwachsene es verleugnet haben.
MP: Ihr Werk vermittelt eine wichtige Botschaft: Es ist okay, so zu sein, wie man ist. Sie haben dazu bestimmt viele Reaktionen erhalten. Ist Ihnen vielleicht eine Reaktion besonders in Erinnerung geblieben?
Kingyobachi: Natürlich habe ich mich über Kommentare wie „die Kleidung ist kawaii!“ gefreut. Außerdem ist mir der folgende Kommentar besonders in Erinnerung geblieben: „Ich habe mich daran erinnert, dass ich damals einen schwarzen Schulranzen haben wollte, aber von meinen Eltern gezwungen wurde, einen roten zu kaufen.“
Auf diese Weise hat der Leser sein früheres Selbstbild in das Werk projiziert und sich an das Gefühl seiner Kindheit, „Ich mochte den roten Schulranzen nicht“, erinnert. Das hat mich sehr gefreut.
MP: Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Geschichten unter dem Pseudonym Deme Kingyobachi zu veröffentlichen? Würden Sie unseren deutschsprachigen Leser:innen die Bedeutung hinter Ihrem Mangaka-Namen erklären?
Kingyobachi: Mein Gesicht ähnelt einem Goldfisch, daher habe ich seit meiner Kindheit meinen Lieblingsspitznamen „Demekin“ (*Drachenauge, eine Art von Goldfisch). Als ich über meinen Künstlernamen nachgedacht habe, war ich bei einem Wahrsager. Dieser hat mir schließlich „Kingyobachi“ vorgeschlagen und meinte, dass dieser Name vor allem mit der gesamten Strichzahl der Schriftzeichen gut sei. Diese seien zwar nicht verheißungsvoll, um eine Familie zu gründen, aber dafür habe ich das Glück im Arbeitsleben. *lach*
Außerdem hat der Name einen guten Klang und ist leicht zu merken. Das war der Grund.
MP: Sie haben in der Vergangenheit viele Boys-Love-Titel veröffentlicht, Madokas Geheimnis bedient dabei ja aber eine andere Zielgruppe. Wie kam es dazu, dass Sie diesen Schritt gewagt haben und was fiel Ihnen eventuell schwer bei der Arbeit an Madokas Geheimnis?
Kingyobachi: Mein Redakteur hat mich gefragt, ob ich es ausprobieren wolle. Also habe ich beschlossen, den Schritt zu wagen und es zu versuchen!
Was das Schwierige war, oder besser gesagt, worauf ich sehr geachtet habe, war, keine Diskriminierung oder ähnliches darzustellen. Des Weiteren habe ich versucht, nicht zu viel auf das Gender-Thema einzugehen, sonst wäre der Manga weit an dem vorbei gegangen, was ich eigentlich zeichnen wollte. Das Ausbalancieren war also schwierig.
Als Erwachsene neigen wir außerdem dazu, die Dinge logischer anzugehen. Daher war es für mich beim Arbeiten wichtig, darauf zu achten, das weder die „Kindlichkeit“ noch die „Reinheit“ verloren geht. Beim Zeichnen war die Kleidung das Schwierigste … Es war wirklich hart, sich jedes Mal aufs Neue Gedanken über die Kleidung zu machen. Aber ich hatte Spaß dabei! *lach*
MP: Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Worte für Ihre deutschen Leser?
Kingyobachi: Die Geschichte spielt zwar in einer japanischen Grundschule, aber ich hoffe, dass auch die Menschen in Deutschland einen Bezug dazu finden und sich an ihre Vergangenheit erinnern können. Das würde mich sehr freuen!
MP: Vielen Dank für das Interview!