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Seit fünf Jahren erschienen, aber kaum beachtet: Atsushi Kanekos „Wet Moon“-Trilogie


Freitag, 19. November 2021, 11:50 Uhr
Seit fünf Jahren erschienen, aber kaum beachtet: Atsushi Kanekos „Wet Moon“-Trilogie
Wet Moon 3 © 2013 Atsushi KANEKO / KADOKAWA CORPORATION ENTERBRAIN.

Über die letzten Monate hinweg haben wir euch mit Search and Destroy bereits Atsushi Kanekos retrofuturistische Adaption von Osamu Tezukas Dororo-Reihe genauer vorgestellt. Bereits zuvor feierte der mittlerweile 54-Jährige mit der Wet Moon-Trilogie sein Deutschland-Debüt bei Carlsen Manga! – genau diese möchten wir nun ebenfalls in den Mittelpunkt eines eigenen Artikels rücken.

Die Reihe erschien hierzulande bereits vor einiger Zeit, der Hamburger Herausgeber hat den Dreiteiler zwischen Juli 2015 und Mai 2016 als Special-Interest-Titel veröffentlicht. Dabei zeichnet sich die deutschsprachige Ausgabe vor allem durch die großformatige Softcover-Klappenbroschur aus, in die die rund 850 Seiten starke Geschichte gebettet ist.

Neben einer besonderen Außenbeschichtung der Bücher wartet die vorliegende Produktion mit einigen Farbseiten auf – diese sind jeweils in schwarz-weiß-rot – oder noch seltener in schwarz-weiß-gold – gehalten. Mangaka Kaneko lehnt das Kolorieren von Illustrationen im Allgemeinen tendenziell ab, hierbei handelt es sich also um nicht alltägliche Ausnahmen. Wet Moon ist hierzulande bislang nur in gedruckter Form erhältlich – die ersten beiden Bände kosten jeweils 19,90 €, während für den deutlich umfangreicheren Abschlussband ein Preis von 24,90 € angesetzt ist.

Als besonderer Bonus ist im ersten Band ein mehrseitiges Interview mit dem Mangaka enthalten. Dieses wurde ursprünglich von dem freiberuflichen Journalisten Philippe Peter für die Mai-Ausgabe 2014 des französischen Comicmagazins dBD geführt und für diesen Release ins Deutsche übersetzt.

Inhaltsbeschreibung

Die Geschichte ist inmitten der 1960er-Jahre in Japan angesiedelt. Zu dieser Zeit wetteifern die Großmächte der Nachkriegswelt um die Erkundung des Mondes – der erste bemannte Mondflug steht kurz bevor. Sowohl die USA als auch die damalige Sowjetunion befinden sich in einer unerbittlichen Rivalität mit anderen Staaten. Auch Japan als weiter aufstrebende Industrienation ist in den Prozess eingebunden.

Eine kleine Firma der Inselnation ist mit der Herstellung einer besonderen Komponente beauftragt. Als die Leiche des Ingenieurs, der gerade die Sonderanfertigung vollendet hat, zerstückelt aufgefunden wird, nimmt alles seinen Lauf. Aus den laufenden Entwicklungen leitet sich schnell ein Verdacht auf die skurrile Sekretärin des Betriebs hin. Der Jungermittler Sata wird mit dem Fall betraut.

Bei der Verfolgungsjagd, die den Fall hätte beenden sollen, kommt es zu einem Zwischenfall. Für rund einen Monat ist der unerfahrene Polizeibeamte außer Gefecht, liegt mit einer Kopfwunde im örtlichen Hospital. In dieser Zeit ist sein Vorgesetzter Komatsu unter mysteriösen Umständen umgekommen. Gleichzeitig floriert die Korruption in der Küstenstadt Tatsumi weiter – an Sata geht das zunächst vorbei. Er ist völlig in den Fall vertieft, selbst nach offiziellem Dienstschluss kann der nicht von der als Femme fatale ausgelegten Figur lassen.

Wet Moon 1 © 2012 Atsushi KANEKO / KADOKAWA CORPORATION ENTERBRAIN.

Sein Arzt, der eine Art Metallsplitter an einer komplizierten Stelle im Gehirn für seinen bedenklichen Geisteszustand verantwortlich macht, rät ihm, den Dienst zu quittieren. Sata lehnt das ab, er müsse unbedingt die flüchtige Mörderin schaffen – auf dieses Ziel versteift er sich. Zunehmend fällt es ihm schwerer, Wirklichkeit und Wahn auseinanderzuhalten. Seine Obsession droht, sein Handeln immer mehr zu beeinflussen…

Der Manga wurde ursprünglich als Grundlage für einen Kinofilm konzipiert. Aufgrund der hohen Produktionskosten wurde das Projekt noch während der Planungsphase eingestellt, dennoch ist der – sagen wir – cinematische Charakter glücklicherweise geblieben. Das Werk verbindet eine exzeptionelle Geschichte mit einer fesselnden Erzählweise, die sonst den erlesenen Programmen von Lichtspieltheatern vorbehalten ist.

Visualisierung

Nicht nur die Geschichten von Atsushi Kaneko, sondern auch dessen Zeichenstil weichen vom bekannten Manga-Mainstream auf angenehme Art und Weise ab. Es ist daher auch nur wenig verwunderlich, dass er mit Nachdruck – und das stolz – betont, dass viele aus seiner Leserschaft normalerweise keine Manga lesen. Dem Strom der (japanischen) Populärkultur hat sich Kaneko stets – auch und vor allem optisch – entzogen.

Dem Zeichner gelingt es, ausschließlich mit weißen und schwarzen Flächen beziehungsweise Strichen ganze Szenerien herauszubilden, er benötigt keine Rasterfolie oder anderweitig vorgefertigte Hintergründe. Seine Hilfswerke sind simpel wie effektiv: ein Pinselstift und ein Lineal, am Computer bearbeitet er seine analogen Vorzeichnungen nach, wie er in dem zuvor erwähnten Interview erklärt.

Auch die Charakterdesigns tragen Atsushi Kanekos Handschrift deutlich, sowohl die Kopf- als auch Augenform sind ganz typisch für den seit x sichtlich geübten Zeichner. Auch das Unförmige einiger Antagonisten, deren Hässlichkeit somit ins unmittelbar Sichtbare überführt wird, ist charakteristisch bei der Ausgestaltung seiner verschiedenen Figuren. Der korrupte Bürgermeister ist fettgefressen, hat etwas von einer Kröte – bereits ohne den storytechnischen Zusammenhang zu kennen, ist dieser als (ein) Gegenspieler zu identifizieren.

Wet Moon 2 © 2012 Atsushi KANEKO / KADOKAWA CORPORATION ENTERBRAIN.

Jede einzelne Seite, nein, schon jedes einzelne Panel, ist ein eigenes Kunstwerk in sich. Es wäre problemlos möglich, die verschiedenen Seiten im Rahmen einer Ausstellung zu zeigen, jede Zeichnung ist in ihrem Ausdruck unglaublich stark – wenn teilweise auch bewusst irritierend. Der Mangaka spielt mit der Bildebene wie ein Regisseur mit der Kameraführung. Es kommt durchaus vor, dass sich auch das Bild im Manga dreht, beispielsweise zur Verdeutlichung von Satas innerer Konfusion. In den Zeichnungen liegt viel Inhalt, sie sind kein bloßes Begleitwerk.

Aufgrund dieser unglaublichen Bildgewalt ist es Atsushi Kaneko überhaupt erst möglich, auf viel Text zu verzichten – die Präsentation weiß für sich zu sprechen, wenngleich ihr Ausdruck nicht zwingend auf den ersten Blick zu deuten und einzuordnen sein mag. Letzteres ist innerhalb der Bebilderung ein springender Punkt, der Künstler spielt bewusst mit verschiedenen Anlehnungen; der wohl offensichtlichste Bezug geht auf Georges Méliès' Le Voyage dans la Lune zurück. Im Verlauf von Wet Moon wird immer wieder direkt auf das Bild des Mondkörpers mit dem markanten Projektil referiert, häufig in Form von Filmplakaten. Der Mond ist ein zentrales Motiv, das die gesamte Geschichte durchzieht – inhaltlich wie bildtechnisch, selbst in einem aufgeschlagenen Hühnerei, in Eiweiß und Dotter, lässt sich der Erdtrabant erkennen.

Der Zeichenstil von Atsushi Kaneko ist ungemein facettenreich, wir empfehlen in jedem Fall einen Blick in die offizielle Leseprobe zu der Reihe. Auch die kostenlose Preview zu Search and Destroy verhilft sicherlich dabei, sich einen eigenen Eindruck von der Bild des Ausnahmekünstlers zu verschaffen. Auf dem offiziellen Twitter-Profil des Ausnahme-Künstlers sind weitere seiner Illustrationen kuratiert.

Über Atsushi Kaneko:

Atsushi Kaneko wurde am 26. Dezember 1966 in Sakata/Präfektur Yamagata geboren. Inspiriert von Musik und Film – weniger von Manga selbst ─ begann er nach dem Studium zu zeichnen. Erste Aufmerksamkeit erhielt das aus seiner Feder stammende Ratty gets new way bei einem Wettbewerb des zum Verlag Shogakukan gehörenden Magazins Big Comic Spirits im Jahr 1990. Von 2000 bis 2002 erschien Bambi, eine siebenbändige Serie, die in Frankreich ab 2006 verlegt wurde. Ab 2003 arbeitete Kaneko an Soil, einem mysteriösen Thriller, der in einer Retortenstadt spielt. Von der Kritik gut aufgenommen und auch auf dem Internationalen Comicfestival in Angoulême zweimalig nominiert, wurde die Serie in 11 Bänden schließlich 2012 mit dem „Grand Prix L’Imaginaire“ ausgezeichnet. Aktuell liegen in Japan bereits zwei Bände von Kanekos neustem Streich Deathco vor, der im japanischen Magazin Comic Beam aus dem Hause Enterbrain vorveröffentlicht wird.

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Atsushi Kaneko gilt in der japanischen Comicwelt als Rebell und Ausnahmetalent: Graphisch vergleichbar mit amerikanischen Künstlern wie Charles Burns oder Paul Pope, im Erzählstil cineastisch angelehnt an David Lynch, Alfred Hitchcock oder Quentin Tarantino, zählt Kaneko gleichfalls Georges Méliès‘ Stummfilm „A trip to the moon“, den japanischen Zeichner Suehiro Maruo als auch den Punk zu seinen Einflüssen. Sein dreibändiger Thriller Wet Moon im Film-Noir-Stil wurde 2014 mit dem französischen Kritikerpreis (Prix Asie ACBD) ausgezeichnet und schaffte es 2015 auf die Nominierungsliste von Angoulême. (© Carlsen Verlag Gmbh)

Fazit

Mit Wet Moon erwartet das ausgesuchte Publikum eine ganz besondere Geschichte, die ein sehr spannendes Setting verspricht und in ihrer Umsetzung durchaus interessant ist. Lediglich die letzten Kapitel dürften auf einige Leser:innen zu kafkaesk wirken – und das nicht nur, weil unter anderem ein großes Insekt Teil des Mangas ist. Richtung Abschluss wird die Erzählung zunehmend schwieriger zu greifen, einiges bedarf sicherlich auch ein zweites oder zumindest sehr genaues Lesen und Deuten. Bereits im Verlauf ist vieles vage gehalten, aber bewusst.

Die Trilogie ist somit sicherlich nicht für jede:n eine uneingeschränkte Empfehlung. Dennoch: Wer nach einem anspruchsvollen Werk dürstet und nicht vor etwas eigentümlicher Bi­zar­re­rie im positiven Sinne zurückschreckt, gegebenenfalls bereits von Search und Destroy begeistert war, ist mit der hier vorgestellten Reihe hervorragend beraten. Im deutschsprachigen Raum gibt es nicht viele qualitativ vergleichbare Werke.

Wet Moon 3 © 2013 Atsushi KANEKO / KADOKAWA CORPORATION ENTERBRAIN.

Vor allem der wahrlich herausragende Zeichenstil von Atsushi Kaneko ist nicht unerheblich für unseren überaus positiven Gesamteindruck verantwortlich, die Bebilderung ist schlichtweg umwerfend. Die bloße Verwendung von schwarz und weiß ist innerhalb des Manga-Segments nahezu beispiellos – und doch so spannend. Dieses Werk ist am besten in Richtung der alternativen Manga-Kunst einzuordnen.

Abschließend bedanken wir uns herzlich bei Carlsen Manga! für die Zurverfügungstellung von Belegexemplaren.

TagsCarlsen Manga!Review
Lucas Sebastian

Lucas Sebastian | Autor

Seit 2020 im Manga-Passion-Team. Auf X/Twitter unter @LucasISebastian privat zu finden. Zur Amazon-Wishlist des Redakteurs: https://www.amazon.de/hz/wishlist/ls/1JLXMONWSXYWK?ref_=wl_share

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