Interview mit Jano Rohleder, CEO von dani books – über das erste Manga-Programm
Passend zum bevorstehenden Start seines ersten Manga-Programms durften wir ein Interview mit dem Geschäftsführer von dani books, Jano Rohleder, führen. Themen sind dabei unter anderem seine Lizenzauswahl, die aktuelle Papierknappheit auf dem Markt sowie die Entstehung des Manga-Segments.
Nachfolgend kürzen wir uns mit MP ab.
MP: Hey Jano und danke, dass du dir die Zeit für uns nimmst.
Jano: Bitte, bitte. ;)
MP: Magst du dich für alle, die dich noch nicht kennen, vielleicht kurz vorstellen?
Jano: Ich bin seit 2003 Comicübersetzer und -Redakteur, zunächst hauptsächlich für die Kioskausgaben der deutschen Disney-Comics (Micky Maus-Heft, Donald Duck-Sonderheft), und jetzt die letzten elf Jahre primär bei den Disney-Buchhandelstiteln. Fokus sind u. a. die Sammlerausgaben der Duck-Comics von Onkel Dagobert-Starautor und –zeichner Don Rosa. Zwischendurch übersetze ich auch Alben für Cross Cult und Splitter und habe seit 2012 daneben auch meinen eigenen Verlag dani books.
MP: Wie kam es dazu, dass du dani books gegründet hast und warum hast du dich dazu entschieden, nun auch Manga machen zu wollen?
Jano: dani books entstand zunächst im Rahmen einer Crowdfundingkampagne für die Vor-Duck-Comics des gerade schon erwähnten Don Rosa. Das kann man in Deutschland nicht machen, ohne ein entsprechendes Gewerbe als Verlag anzumelden. Und da das recht erfolgreich war, das mit dem Buchbearbeiten Spaß gemacht hat und ich auch noch 98 ISBNs übrig hatte (die waren im Hunderterpack billiger als einzeln), hab ich einfach weitergemacht. Nach den beiden Don-Rosa-Bänden, die auf Englisch waren, weil sie Fans in aller Welt als Zielgruppe hatten, ging es dann Anfang 2013 mit Danger Girl: Revolver als erstem deutschen Band weiter.
Dass es irgendwann Manga geben würde, war letztlich nur ein logischer Schritt. Mein Programm ist immer schon stark auf eine jugendliche Zielgruppe ausgerichtet, die nicht unbedingt der typischen Comicladenkundschaft entspricht (die Comicladenstammkunden in Deutschland sind in der Regel primär an klassischem frankobelgischen Albenmaterial interessiert). Ich mag vor allem All-Ages-Titel im Animated-Stil, also solche, die ein bisschen zeichentrickhaft wirken. Und die Künstler sind dabei oft von Disney und Anime inspiriert, wodurch viele meiner Titel in der Regel eher Mangafans ansprechen dürften als klassische Albenleser.
Konkret hätte ich auch bereits früher schon hin und wieder interessante Manga gebracht, aber das war damals noch nicht möglich. Mysterious Girlfriend X hatte ich bereits 2013 angefragt, damals wollte man aber nur mit Verlagen zusammenarbeiten, die ein dediziertes Mangalabel haben und die Vorstellungen hinsichtlich Druckauflagen waren auch sehr hoch, was sich für mich nicht gelohnt hätte. Inzwischen ist das in Japan alles ein bisschen lockerer und einfacher geworden. So ein Mangaprogramm zusammenzustellen wie jetzt wäre mir sicher vor drei, vier Jahren noch nicht möglich gewesen.
MP: Mit ganzen 15 Titeln ist aktuell dein erstes Programm durch: Planst du gedanklich und aktiv bereits das zweite oder schaust du nun erstmal, wie du die angekündigten Titel veröffentlicht bekommst?
Jano: Es gibt aktuell noch keine konkreten Planungen, was genau danach kommt (konkret wird das immer erst, wenn man den Vertrag hat, und ich kann derzeit erst mal keine zusätzlichen machen, weil ich ja schon mit sicher über 25.000 Euro in Vorleistung getreten bin und das natürlich jetzt zunächst durch die Verkäufe wieder reinkommen muss). Ich habe aber drei Titel noch in der Schwebe, weil die Lizenzgeber da länger brauchen, und außerdem eine Liste von Titeln, die ich jeweils von jedem Lizenzgeber am dringendsten machen möchte. Das ist sicherlich erst mal genug Material für drei, vier Jahre. ;) Aber was davon letztlich tatsächlich kommt, weiß ich selbst auch erst, wenn ich's eingekauft habe. Bis dahin besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass es vorher ggf. woanders auf Deutsch erscheint, darauf hab ich selbst keinen Einfluss.
MP: Gibt es bestimmte Genre oder Demografien, auf die du dich mit deinem Programm bevorzugt festlegen willst oder muss für dich einfach der Mix aus Story und Artwork passen?
Jano: Ich veröffentliche ausschließlich das, was mich selbst interessiert. Ich schaue also nie darauf, ob sich ein Titel wahrscheinlich riesig verkaufen kann, sondern nur darauf, ob es was ist, was ich selbst als Leser haben wollen würde. Daher renne ich da keinen Trendgenres hinterher. Würde ich was veröffentlichen, was mich selbst nicht interessiert, würde mir das nichts bringen, dafür sind mir das viele Geld, das ich investieren muss, und die ganze ewige Arbeitszeit einfach zu schade.
Der Fokus von dani books wird daher künftig, wie auch schon aktuell, auf Comedyreihen liegen. Rom-Com, Highschool-Comedy, Slice of Life, so was in der Richtung. Manchmal mit etwas Fantasy- oder Isekai-Einschlag (siehe Alice & Zoroku und Kuma Kuma Kuma Bär), aber immer mit dem Fokus auf Humor. Der eine oder andere Spannungstitel wie Holmes of Kyoto oder The Cradle of the Sea wird sich zwar auch immer wieder mal in mein Programm verirren, aber das ist dann eher die Ausnahme von der Regel.
MP: Mit Neck mich nicht, Nagatoro-san, Kuma Kuma Bär und Miss Kobayashi’s Dragon Maid hast du dir auch drei äußerst bekannte Manga-Titel gesichert. Planst du in Zukunft aktiv auch auf bekanntere, bislang unlizenzierte Titel ein Auge zu werfen oder steht der reine Erfolg und Gewinn für dich nicht an erster Stelle?
Jano: Wie gerade schon erwähnt, ich schaue nie danach, ob sich was im Ausland super verkauft oder Ähnliches. Selbst einen Millionenseller würde ich nicht bringen, wenn ich mit dem nichts anfangen könnte. Das ist bei mir sicherlich der primäre Unterschied zu den anderen Verlagen und auch mit der Grund, warum ich überhaupt all meine Titel bekommen habe. Den Lizenzgebern ist bewusst, dass ich das mache, weil ich die Reihen richtig gut finde und ihnen trotz der bei anderen Verlagen vorherrschenden Meinung „Comedy verkauft sich in Deutschland nicht“ eine Chance gebe, nicht weil ich mir da riesige Gewinne erhoffe. Natürlich bin ich froh, falls es zufällig doch zu riesigen Gewinnen kommt, aber ich kalkuliere nicht mit denen. ;)
Zu dem, was noch kommt, kann ich wie schon erwähnt, nichts Konkretes sagen, weil ich noch keine weiteren Verträge habe. Aber bei meinen eigenen Wunschtiteln sind sicherlich ein paar dabei, die international bekannter sein dürften. Nagatoro-san ist aber sicherlich das Megahighlight in Sachen Fanbase, da wird so schnell nichts mehr rankommen, denke ich. Das ist eine meiner eigenen Lieblingsreihen aller Zeiten, unabhängig von westlich oder japanisch, und Nagatoro vielleicht irgendwann bringen zu können, war einer der Hauptgründe, überhaupt so ein umfassendes Mangaprogramm zu initiieren. Ich habe noch viele eigene Toptitel, die ich gerne machen würde, aber das wird definitiv auf lange Zeit mein absolutes Highlight bleiben. Deshalb war mir auch wichtig, die Reihe so schnell wie möglich auf den aktuellen Stand der japanischen Ausgabe zu bringen, weshalb ich mich für eine monatliche Veröffentlichung entschieden habe.
MP: Worst Case: Einige der Manga-Reihen laufen so gar nicht – was machst du? Besteht die Gefahr, dass du Veröffentlichungen abbrichst oder über Jahre ziehst? Wie gehst du vor, wenn du merkst, dass bestimmte Titel nicht laufen?
Jano: Einen Abbruch wird es nicht geben, man verpflichtet sich in den Verträgen üblicherweise, die Reihen unabhängig von Erfolg vollständig zu bringen. Ich habe aber sowieso alles mit so kleinen Auflagen kalkuliert, dass sich das finanzielle Risiko für mich sehr stark in Grenzen hält und ich ab ca. 700 – 800 verkauften Exemplaren kostendeckend bin. Das sollte sich üblicherweise selbst bei schwächer laufenden Titeln einigermaßen machen lassen, denke ich. Natürlich wäre es aber schön, wenn einige Sachen am Ende besser laufen als das, was ich angepeilt habe, denn je höher ich mit der Erstauflage gehen kann (aktuell ist die ja nur bei 1200 Exemplaren), desto niedriger werden letztlich die Produktionskosten pro Band und desto eher ist dann auch mal was daran verdient. Aber das wird sich erst noch zeigen müssen.
Jedenfalls ist das aber auch der Grund, warum ich mich derzeit mit wenigen Ausnahmen erst mal auf kurze Reihen mit zwei bis fünf Bänden konzentriere. Über zehn gehe ich nur, wenn es sich wie bei Dragon Maid oder Nagatoro-san um Reihen handelt, deren Potenzial ich als sehr stark einschätze und bei denen es wahrscheinlicher ist, dass die Leute auch über zehn Bände dranbleiben.
MP: Du hast bereits geäußert, dass du mit Miss Kobayashi’s Dragon Maid im Januar und mit einigen Titeln wie Nagatoro und Mysterious Girlfriend X im Frühjahr starten möchtest. Kannst du inzwischen bereits sagen, wie die Veröffentlichungsrhythmen für alle deine Titel aussehen werden?
Jano: Die konkrete Planung muss ich jetzt im Dezember noch machen, die hätte anders ausgesehen, wenn Nagatoro-san und Mysterious Girlfriend X nicht geklappt hätten, denn jetzt werde ich die beiden erst mal nach vorne ziehen. Was genau in welchem Monat kommt und losgeht, wird sich also im Laufe des Monats ergeben. Die meisten regulär laufenden Reihen sollen dreimonatlich erscheinen. Nagatoro-san mit monatlich und Mysterious Girlfriend X mit zweimonatlich werden da erst mal die Ausnahmen bleiben. Sollte Dragon Maid gut nachgefragt werden, könnte da der Rhythmus aber künftig ggf. auch auf zweimonatlich erhöht werden, aber das wird sicherlich nicht in der ersten Jahreshälfte passieren.
MP: Weil es immer wieder ein Thema ist: Wie sehen deine Übersetzungen aus? Übersetzt du die Titel ausschließlich aus dem Japanischen? Wirst du Suffixe übernehmen oder, wie viele Verlage, diese streichen? Wirst du bei der Lokalisierung die Anrede (Vorname / Nachname) wie im Japanischen beibehalten oder hier gegebenenfalls etwas wechseln?
Jano: Die Übersetzungen erfolgen auf Grundlage der japanischen Originaltexte, das ist üblicherweise auch Vorgabe in den Lizenzverträgen. Die Honorific-Suffixe werden üblicherweise beibehalten, wie Neck mich nicht, Nagatoro-san wohl schon vermuten lässt. ;) Sofern in einem Reihentitel oder in einem Buchrückeninhaltstext ein vollständiger Name vorkommt, wird der in westlicher Reihenfolge verwendet (siehe Hachi Nishiga kann’s nicht lassen!) Die Figuren selbst reden sich aber in den Dialogen genau wie im Japanischen an. Eine Umkehrung finde ich nicht sinnvoll, weil das Teil der japanischen Kultur ist, und im Rahmen der Handlungen oft schlicht nicht funktioniert. Bei manchen Reihen mag das kein Problem sein, aber gerade bei Comedys und Rom-Coms ist es sehr oft so, dass ein riesiges Trara darum gemacht wird, wenn Figuren zum ersten Mal den Vornamen des anderen erfahren oder denjenigen gar mit diesem ansprechen. Da sind dann alle immer schockiert und verschämt, weil das in Japan eine total intime Sache ist. Das würde natürlich komplett gar nicht funktionieren, wenn die sich im deutschen Text schon von Anfang an immer mit Vorname anreden würden. Von daher ist eine Abänderung der japanischen Verwendungsart für mich keine Option.
MP: Gefährdet die aktuelle Papierknappheit deine Manga-Veröffentlichungen oder kann man hoffen, dass diese reibungslos über die Bühne gehen?
Jano: Meine Druckerei und meine Papiersorte sind meines Wissens nach nicht so davon betroffen, aber konkret werde ich das erst wissen, wenn ich den ersten Band jetzt im Dezember in Druck gebe. (Das ist aber auch einer der Gründe, warum ich die konkrete Terminierung aller Titel noch nicht vorgenommen habe. ;)) Ich gehe nach jetzigem Stand jedenfalls davon aus, dass es mit dem Termin für den ersten Dragon-Maid-Band Ende Januar oder Anfang Februar bleiben wird.
MP: Hast du zum Abschluss noch ein paar Worte an unsere Leser und hoffentlich zukünftige Käufer?
Jano: Ich hoffe, euch gefallen ein paar Sachen aus meinem Programm und ihr schaut mal in den einen oder anderen Titel rein, das würde mich freuen. Ich garantiere bei meinen Büchern immer persönlich dafür, dass sie hinsichtlich Übersetzung, Lettering und genereller Produktionsqualität zum Besten gehören, was man auf dem deutschen Markt bekommen kann.
MP: Vielen Dank für deine Zeit!