Interview mit Autorin Miya Martin über „Hoshi no houseki“
Passend zur Kickstarter-Kampagne zum zweiten Band von Hoshi no houseki durften wir mit Miya Martin, der Autorin hinter der Geschichte der Light Novel, ein umfangreiches Interview zu ihrer Arbeit an dem Werk und die Entstehung von Hoshi no houseki führen.
Nachfolgend werden wir uns selbst mit MP und Miya Martin mit Miya abkürzen.
MP: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen.
Miya: Vielen Dank für das Interview! Ich freue mich, Ihren Lesern mehr über Hoshi no houseki zu erzählen.
MP: Wie genau kam es dazu, dass Sie mit der Story von Hoshi no houseki betraut wurden?
Miya: Dank des Segens von Inari, der Fuchs-Kami.
Technisch gesehen begann es, als ich mich bewarb, um einen Text für die kawaiiNihongo-App zu schreiben (welche eine großartige Möglichkeit ist, Japanisch zu lernen und viele fantastische Grafiken hat!). Damals war die Idee, kleine Geschichten für den Spielercharakter zu schreiben, um mit Riko und Yuuji zu interagieren, während sie in den Lektionen Fortschritte machen. Die Entwickler von MardukCorp nahmen mich auf, entschieden dann aber bald, dass die Geschichte, die sie für ihre Charaktere wollten, besser für Light Novels geeignet wäre. Ich war begeistert von der Möglichkeit, diese Geschichte zu schreiben.
Aber ich verdanke es dem Besuch des Sasuke-Inari-Schreins in Kamakura vor der Bewerbung, dass ich überhaupt ausgewählt wurde. Ich trage immer noch das Fuchsamulett, das ich dort bekommen habe.
MP: Woher genau nehmen Sie die Inspiration für neue Handlungsstränge? Steht das Ende der Light Novel in Ihrem Kopf bereits fest?
Miya: Das Ende der Light Novel war mehr oder weniger von Anfang an festgelegt. Das Team von MardukCorp gab mir einen losen Rahmen in Bezug auf das grundlegende Setting und die anfängliche Prämisse, das Ende und die neuen Charaktere, die ich im Laufe der Geschichte einführen sollte. Mir wurde aber viel Freiheit gelassen, wie ich all diese Elemente einbauen kann. Jede neue Figur bringt ihre eigene Note in die Geschichte ein, und das hilft, die Dinge voranzutreiben! Die Inspirationen für die Geschichten kommen aus einer Kombination von Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsteam, den Charakteren selbst und wie sie auf Dinge reagieren würden, und manchmal auch aus purem Zufall. Mehr als einmal hat sich eine Randbemerkung eines Charakters oder ein einmaliger Ort als viel wichtiger herausgestellt, als ich es ursprünglich erwartet hatte!
Ich möchte auch klarstellen, dass die reale MardukCorp trotz des gemeinsamen Namens und der Geschäftspraktiken, die mit süchtig machenden Spielen zu tun haben, in keiner Weise das Modell für diejenige in den Büchern ist.
MP: Die Illustrationen zur Light Novel stammen von Rosuuri. Inwieweit stimmen Sie sich mit ihr ab, was genau für Illustrationen angefertigt werden sollen?
Miya: Während ich jedes Kapitel entwerfe, mache ich normalerweise mit ein paar losen Notizen ein paar Vorschläge für mögliche Szenen, die illustriert werden sollen. Das Team von MardukCorp und Rosuuri wählen dann aus, was ihrer Meinung nach am besten funktioniert. Rosuuri liefert dann eine erste Skizze und von da an geht es weiter. Es ist immer wieder phänomenal zu sehen, wie eine Szene, die ich geschrieben habe, durch ihre großartigen Illustrationen zum Leben erweckt wird!
MP: Sie haben bereits an einigen anderen Projekten mitgewirkt und Synchronrollen übernommen. Möchten Sie uns vielleicht ein, zwei Beispiele nennen?
Miya: Klar! Ich habe ein paar der Routen der Mädchen für Eroblast geschrieben, ein anzügliches (aber nicht explizites) Anime-Dating-Sim/Puzzle-Spiel, das in einer Dating-App spielt. Als Synchronsprecherin habe ich an einer Reihe von Indie-Spielen und Hörbüchern mitgewirkt und sogar einige Jahre lang Nachrichtenartikel für japanische Englischlerner in der Polyglots-App gesprochen.
MP: In Hoshi no houseki spielen die japanische Kultur, japanische Mythen und auch die Religion eine kleine Rolle. Wie recherchieren Sie zu diesen Themen?
Miya: Das liegt zum Teil an meiner Herkunft – in der High School habe ich ein Semester in einer Stadt in der Präfektur Tochigi verbracht und meine Gastfamilie hat mich dort zu vielen Schreinen und kulturellen Stätten mitgenommen. Dieses Interesse hat mich seither nicht mehr losgelassen! Ich habe einen Bachelor-Abschluss in ostasiatischen Sprachen und Kulturen gemacht und einige Zeit (wenn auch nicht so viel, wie ich es mir gewünscht hätte) sowohl in Nagoya als auch in Tokyo gelebt. Außerdem gibt es viele Bücher und Quellen, um mehr über japanische Mythen und rituelle Praktiken zu erfahren – es ist wirklich interessant. Ich würde jedem empfehlen, mehr darüber zu lesen!
MP: Haben Sie Vorbilder für Ihre Charaktere gehabt oder wie haben Sie deren Charaktereigenschaften festgelegt?
Miya: Mit ein paar Ausnahmen schickte mir MardukCorp die Skizzen und Entwürfe für jeden Charakter und dann hatte ich die Freiheit, ihre Persönlichkeiten von dort aus zu entwickeln. Das Lustige beim Schreiben ist, dass man manchmal mit einer Vorstellung davon beginnt, wie sich eine Figur verhalten wird und wenn man sich dann hinsetzt und schreibt, entwickeln die Figuren einen eigenen Willen und entsprechen nicht der ursprünglichen Vision. Das ist in den Büchern schon ein paar Mal passiert! Aber meiner Meinung nach macht es gerade deshalb mehr Spaß – so wie man nie genau weiß, was die eigenen Freunde sagen werden, überraschen mich die Figuren auch dann noch, wenn ich eine Vorstellung davon habe, wie die Dinge ablaufen sollen …
MP: Kommen wir zur Welt von Hoshi no houseki: eigentlich ein idyllisches Bergdorf, wo jedoch dank der MardukCorp auch technischer Fortschritt und Trading Card Games eine wichtige Rolle spielen. Wie genau kamen Sie auf dieses Setting?
Miya: Das heutige Setting von Maruimachi als eine halbwegs große Stadt existierte bereits in der Welt von kawaiiNihongo – Riko und ihre Freunde hatten den Leuten dort schon eine Weile beim Japanischlernen geholfen, als ich an Bord kam. Aber alle Städte haben ihren Ursprung in etwas Kleinerem. Mir gefällt die Idee, dass besonders der Schrein eine lange Geschichte hat. Vielerorts ist ein Trend zu beobachten, dass kleinere Städte und Dörfer langsam entvölkert werden, da die Menschen in die größeren Städte ziehen und eine alternde Bevölkerung zurücklassen. Vor allem Japan hat damit ein großes Problem. Ich begann also mit der Idee eines dieser verschlafenen, eng verbundenen Dörfer mit einem Schrein, der die Menschen zusammenbringt, aber mit einer schrumpfenden Bevölkerung konfrontiert ist. Anstatt jedoch zu verschwinden, wird es durch die Aufmerksamkeit von Unternehmen plötzlich von Modernisierungen und einem Zustrom neuer Bewohner überschwemmt – und das hat drastische Auswirkungen auf die Menschen, die bereits dort waren.
MP: Haben Sie ein bestimmtes Ritual, dem Sie vor oder beim Schreiben folgen?
Miya: Ich habe im Laufe der Jahre viele Versuche mit Schreibritualen unternommen, ha! Früher habe ich stundenlang auf einen leeren Bildschirm gestarrt, weil ich erwartet habe, dass ich vom ersten Tastendruck an ein fertiges Produkt produzieren muss, was einfach unrealistisch ist. Der Trick besteht darin, sich nicht darauf zu versteifen, dass jeder Satz perfekt sein muss – einfach etwas schreiben und sich dann später um die Überarbeitung kümmern. Heutzutage finde ich es am besten, wenn ich mich gleich nach dem Aufstehen hinsetze und schreibe. Es ist am besten, zuerst zu schreiben, bevor die Ablenkungen des Tages sich einschleichen. Wenn man erst mit dem verhängnisvollen Scrollen durch die sozialen Medien anfängt, ist direkt alles vorbei …
MP: Die Light Novel gibt es bislang lediglich auf Englisch und Deutsch. Achten Sie beim Schreiben auf die existierenden Kulturunterschiede oder versuchen Sie viel eher, die Story vor allem möglichst „originalgetreu“ wiederzugeben, ohne dabei spezifisch an die westlichen Leser zu denken?
Miya: Ich denke, dass es wichtig ist, das Publikum, für das man schreibt, im Auge zu behalten. Immerhin sind viele Hoshi no houseki-Leser Anime- oder Manga-Fans und kennen viele der Thematiken und Tropes aus diesen Medien – das ist großartig! Aber wenn man sich einen Anime anschaut, der nicht in der Originalsprache verfasst ist, hat er einen Lokalisierungsprozess durchlaufen, um Anspielungen oder kulturelle Aspekte zu verdeutlichen, die dem nicht-japanischen Zuschauer vielleicht nicht geläufig sind. Wenn es gut gemacht ist, ist dieser Prozess nicht offensichtlich. Da ich einen nicht-japanischen Hintergrund habe, weiß ich, dass sich westliche kulturelle Anspielungen und Redewendungen in meinen Text einschleichen können, die in einem japanischen Kontext nicht natürlich wären, aber ich versuche, sie so zu halten, dass sie für das erwartete Publikum unterhaltsam und verständlich sind und im Kontext der Geschichte nicht zu sehr stören.
MP: Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Worte an unsere Leser und Ihre Fans?
Miya: Für Ihre Leser: Vielen Dank, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Ich freue mich, dass Sie etwas mehr über die Hintergründe erfahren möchten! Ich hoffe, Sie werden die Welt von Hoshi no houseki selbst erkunden.
Und für meine Fans: Danke für all eure Unterstützung, das bedeutet mir sehr viel! Es stehen aufregende Entwicklungen für Riko, Jun, Yuuji, Aoi und die anderen bevor. Ich hoffe, ihr bleibt dran, um zu sehen, wie sie aus den Schwierigkeiten herauskommen, die sie immer zu finden scheinen!!!
MP: Vielen Dank für Ihre Zeit!
Miya: Nochmals vielen Dank, es war mir ein Vergnügen!