Ersteindruck zu Keito Gakus „Boys Run the Riot“
Mit Boys Run the Riot hat Carlsen Manga! eine vielfach gelobte Kurzreihe aus dem queeren Segment lizenziert. Das Werk verspricht eine bislang kaum beachtete Thematik: Transsexualität. Wir haben uns den Auftakt der Geschichte genauer angeschaut und berichten im Folgenden von unseren Eindrücken.
Der erste von insgesamt vier Bänden ist Ende August auf Deutsch erschienen. Während die großformatige Printausgabe 10,00 € beziehungsweise 13,00 € für den etwas dickeren Abschlussband kostet, ist die E-Book-Fassung zu je 5,99 € eingepreist. Band 01 wartet mit einem Gesamtumfang von rund 220 Seiten und einer großzügigen Spotlack-Beschichtung auf. Das Covermotiv der japanischen Originalausgabe ist als Farbseite enthalten. Die hierzulande auf den Buchvorderseiten verwendeten Designs entsprechen unterdessen der US-amerikanischen Ausgabe.
Inhaltsbeschreibung
Bereits ein Blick auf den Rock der eigenen Schuluniform genügt, um unsagbaren Schmerz in Ryo hervorzurufen. Das kleine Stück Stoff erinnert den Jugendlichen tagtäglich an seinen Körper, der mit der Pubertät immer weicher und rundlicher, kurz: weiblicher, wird. Obwohl sich Ryo ganz selbstverständlich als Junge betrachtet, kann er sein biologisches Geschlecht nicht einfach ausblenden. Er ist transsexuell.
Einziger Lichtblick in Ryos Leben sind Klamotten und alles was damit zu tun hat. Er liebt es, Designs und Farben zu kombinieren. Mode ist sein Weg, sich über Worte hinweg frei auszudrücken. Eine Form der Selbstdefinition. Nachdem der neu hinzugestoßene Klassenkamerad namens Jin, ein Freigeist wie er im Buche steht, Ryo zufällig in einem gerade erst eröffneten Pop-up-Store begegnet, macht er ihm ein unerwartetes Angebot: „Wollen wir zusammen ein Label gründen?“
So kommt es, dass die beiden Oberschüler ein eigenes Business planen. Von Grund auf möchten sie in das Geschäft mit selbstdesignter Mode einsteigen. Für den Anfang experimentieren sie mit dem Drucken eigener Motive auf vorproduzierte T-Shirts. Während sich Jin um die Organisation und Vermarktung kümmert, soll Ryo einen ersten Entwurf entwickeln. Natürlich muss das Ganze eine persönliche Note bekommen …
Visualisierung
Sowohl die beschriebene Geschichte als auch die Zeichnungen stammen aus der Feder von Keito Gaku. Der Mangaka präsentiert eine realistisch angelegte Bebilderung mit modernem Flair. Durch das geschickte Arbeiten mit Kontrasten ist es ihm möglich, auch kleinere Licht- und Schatteneffekte zu setzen. Das sieht man beispielsweise unterhalb.
Zudem glänzt die Optik durch eine gewisse Detailverliebtheit. Im Vorder- und Hintergrund sind jeweils diverse Feinheiten zu entdecken. Gerade das Charakterdesign in Kombination mit dem Fashion-Aspekt, der hier storytechnisch bedingt besonders wichtig ist, ist merklich ausgearbeitet. Das für die deutschsprachige Ausgabe gewählte Großformat hebt diese künstlerischen Finessen zusätzlich hervor. Gleichzeitig trägt das Paneling in Kombination mit der bildfokussierten Erzählweise zu einem schwunghaften Lesefluss bei.
Alle Interessierten können sich mittels der Online-Leseprobe einen eigenen Eindruck von dem Werk verschaffen. Carlsen Manga! stellt die Hälfte vom ersten Kapitel kostenfrei zum Anlesen zur Verfügung. Wer über diese Preview hinaus einen Blick in das Buchinnere werfen möchte, kann vorsichtig im stationären Handel reinblättern – der Release ist nicht eingeschweißt.
Fazit
Mit dem Auftakt wird innerhalb weniger Seiten das grundlegende Setting skizziert, schon zum Ende des ersten Bandes steht die Richtung der weiteren Handlung fest. Im Zuge der Einleitung werden zudem die beiden Protagonisten umrissen, der Fokus liegt vor allem auf Ryo. Seine Transsexualität ist dabei allerdings nur bedingt Thema: Sie ist weniger der Fokus als vielmehr konstituierendes Element.
Der Manga steht prinzipiell einem sehr breiten Publikum offen, denn zentral geht es um Freigeister innerhalb einer nahezu uniformen Gesellschaft. Individualisten wie Ryo und Jin droht, in ihrer Entfaltung eingeschränkt zu werden. Diese Kurzreihe behandelt (jugendliche) Rebellion gegen starren Vorstellungen. Auch Rollenklischees werden – mehr oder weniger – implizit infrage gestellt. Damit weist das Werk Parallelen zu Tamekous My Genderless Boyfriend auf. Insofern ein durchaus zeitgemäßes Werk.
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Uns hat der Einstieg von Boys Run the Riot soweit gut gefallen. Dank der Erzählgeschwindigkeit verfällt der Manga nicht in Belanglosigkeiten, sodass das eigene Denken fortlaufend aufs Neue angeregt, zugleich aber nicht überstrapaziert, wird. Durch die Zeichnungen von Mangaka Keito Gaku wird die inneliegende Dynamik zusätzlich verstärkt. Optisch ist der Titel wirklich grandios.
Abschließend bedanken wir uns herzlich bei Carlsen Manga! für die Zurverfügungstellung eines Belegexemplars.