Ersteindruck zu „noe67“ – von Saku Hiro
Kurz vor Ende des Novembers blicken wir auf die Veröffentlichungen des Monats zurück. Dabei wenden wir uns zunächst einem Boys-Love-Titel zu. Dieser trägt den Titel noe67, entstammt Autorin und Zeichnerin Saku Hiro und wurde vor wenigen Wochen von Egmont Manga auf Deutsch herausgegeben. Dieses Werk markiert das Deutschland-Debüt der Autorin – im nachfolgenden prüfen wir dieses auf seine Qualität.
Vorangestellt ist sich dabei der Veröffentlichung im physischen Sinne zu widmen. Die Geschichte ist als Einzelband mit einem Gesamtumfang von 176 Seiten gefasst. Die Außenseite ist dabei überwiegend matt gehalten. Auf der Frontseite sind ausgewählte Flächen mit Spotlack veredelt – dies fördert einen wertigen Ersteindruck, der durch eine doppelseitig bedruckte Farbseite auf Hochglanz-Papier weiter intensiviert.
Während die Vorderseite dieser beide Protagonisten abbildet, hält deren Rückseite lediglich das Inhaltverzeichnis parat. Preislich sind seitens des Verlags 7,50 Euro (D) für die deutschsprachige Fassung angesetzt – ein fairer Preis im Sinne der gebotenen Produktqualität. Günstiger ist der Titel als digitale Variante zu erwerben; das eBook kostet 6,49 Euro. Der Manga ist ab 18 Jahren empfohlen.
Handlung
Die Geschichte scheint ungefähr einhundert Jahre in der Zukunft angesiedelt zu sein – eine präzise Einordnung ist nicht gegeben. Dafür ein klares Setting. Dieses offenbart, dass die Menschheit technologisch mittlerweile weiter vorangeschritten ist. Die Entwicklung menschenähnlicher Androiden ist seit mehr als zwei Dekaden bereits Realität in dieser Welt – und scheint auch noch nicht am Ende.
Ein Problem, dass weiterhin beständig erscheint ist das hohe Aufkommen von Abfall. Protagonist Saga streift auf der Suche nach noch verwertbaren Teilen durch eine Deponie. Beim Durchstöbern der hinterlassenen Produkte fällt sein Blick auf einen Arm mechanischer Natur. Schnell realisiert er, dass es sich um einen Androiden handeln muss – mit seiner Annahme liegt er richtig. Dabei stellt er außerdem fest, dass es sich bei der künstlichen Erscheinung um ein – wie er sagt – wunderschönen Anblick handelt.
Der als Mechaniker tätige Saga transportiert seinen Fund umgehend in die Werkstatt, denn er plant, den Androiden wieder in Stand zu setzen. Er ist von dem Antlitz der artifiziellen Gestalt äußerst angetan und möchte diese gerne behalten. Aufgrund dessen wird die Reparatur im Folgenden vollzogen. Ebenso wie eine Analyse potenzieller Fehlerquellen.
Diese Untersuchung offenbart, dass es sich bei der Konstruktion um ein Modell einer vergangenen Zeit handelt. Der Hersteller, eine Firma namens Tokiwa, ist bereits bankrott gegangen. Updates werden für den Androiden daher nicht mehr ausgeliefert – ebenso wenig wie Ersatzteile. Dennoch bleibt Saga standhaft und möchte an dem roboterartigen Menschen festhalten.
Beim Herauffahren des Systems von diesem wird er dabei schon bald feststellen, dass der mechanische Mann auf ein besonderes Programm konfiguriert ist, welches die Erfüllung besonderer Bedürfnisse des menschlichen Gegenübers zum Ziel hat. Mit noe67 erwartet die Leserschaft eine Geschichte, die als romantische Beziehung zwischen einem Mechaniker und Androiden vom dem Verlag beschrieben wird. Dabei ist unbedingt anzumerken, dass auch zahlreiche, erotische Szenen die Handlung ergänzen.
Zeichenstil
Die Illustrationen sind mindestens als guter Standard in dem Boys-Love-Segment zu beurteilen. Wenngleich der Stil bislang wenig einzigartig erscheint, ist die Visualisierung als sehr sauber und geordnet zu beschreiben. Die einzelnen Panels wirken trotz vereinzelter Details nicht überladen, gleichzeitig auch nicht leer oder gar schmucklos. Eine angenehme Balance der bildfüllenden Elemente ist gegeben.
Vorhandene Hintergrundgestaltungen sind zumeist einfach gefasst, sofern vorhanden. Die Charakterdesigns sind dem Bishounen-Ideal zuzuordnen und daher dem individuellen Geschmack entsprechend zu bewerten. Lediglich die Gesichter könnten als kantig auf Kritik stoßen – wir schätzen jedoch die dadurch gegebene Struktur. Mechanische Elemente des Androiden sind dargestellt – er verbleibt dabei allerdings überwiegend in einem menschlichen Erscheinungsbild.
Ebenfalls ist auf die stimmige Arbeit mit den Kontrastabstufungen lobend hinzuweisen. Die unterschiedlichen Graustufen sind überwiegend gut eingebracht und beleben das Gesamtbild effektiv. Ebenso lebendig wie zahlreich sind die Szenen, die einem erwachsenen Publikum vorbehalten sind. Diese werden in verschiedenen Formen präsentiert – allerdings in zensierter Art und Weise. Kleidungslose Körper sind zahlreich wie attraktiv dargestellt. Die eingeschränkte Sicht auf die Geschehnisse ist auf die primären Geschlechtsmerkmale beschränkt.
Mittels der kostenlosen Leseprobe, die Verlag Egmont Manga an dieser Stelle bereitstellt, kann ein erster Einblick gewonnen werden.
Storytelling
Die grundlegende Handlung hat definitiv Potenzial, auch die Visualisierung ist zusammenfassend als gelungen zu kategorisieren. Hinsichtlich der Erzählweise sind dagegen Schwächen der Geschichte aufzuzeigen. Obwohl diese nur auf sechs Kapitel beschränkt ist, treten zahlreiche Nebenfiguren im Verlauf in das Geschehen ein. Deren Relevanz wird dabei nur bedingt deutlich.
Nach dem Lesen ist unsererseits zu hinterfragen, inwiefern einige auftretende Charaktere tatsächlich zu der Handlung einen effektiven, signifikanten Beitrag leisten. Neben den beiden Protagonisten ist hierbei lediglich auf einen Mechaniker-Kollegen zu verweisen, welcher unter anderem die Instandsetzung des Androiden vollführt. Figuren wie Sagas Freundin oder ein anderer Android erscheinen redundant.
In diesem Zuge eröffnet Mangaka Saku Hiro zwar potenzielle Fäden von nebengeordneten Geschichten, doch kann diese im Finale nicht zusammenziehen. Ein paar Worte dazu sind im Nachwort der Künstlerin vorzufinden. Dort verweist sie auf nicht-enthaltene Szenen sowie eine Bonusgeschichte mit zwei weiteren Figuren, welche nicht in dem Einzelband abgedruckt wurde – leider. Diese ist aufgrund der limitierten Seitenzahl, den Angaben im Buch zufolge, einigen Onlineshops vorbehalten.
Zumindest der beigefügte Epilog setzt die Hauptgeschichte stückweise fort. Zumeist verfolgt die Leserschaft das Geschehen aus der Sicht von Saga, dessen Gefühle wie Begehren dem Publikum gegenüber transparent sind. Sexualität wird im Ablauf des Mangas mehrfach angesprochen – leider verbleibt eine nähere Behandlung dieser Thematik. Homosexualität bleibt als Begriff unbenannt.
Fazit
Wie dargelegt überzeugt uns vornehmlich die zugrundliegende Idee der Geschichte sowie die illustrative Umsetzung von dieser. Erzähltechnisch ist hingegen Raum für Verbesserungen zu bemerken. Fairerweise ist allerdings zu betonen, dass es sich bei noe67 um das Debüt-Werk der Autorin und Zeichnerin Saku Hiro handelt. In Japan sind mittlerweile weitere Titel der Künstlerin erschienen – auch diese wären unsererseits willkommen. Denn wir sind überzeugt, dass Potenzial gegeben ist.
Möglicherweise wird dem Einzelband in Zukunft eine Fortsetzung angeschlossen – bei Boys-Love-Werken ist dies tendenziell nicht auszuschließen wie wie anti alpha von Waku Okuda beispielsweise belegt. Wer nicht die höchstmöglichen Ansprüche an das Buch stellt und zusätzlich intensiver Erotik – allerdings in zensierte Darstellung – nicht abgeneigt ist, kann wohl vertrauensvoll zugreifen.
Erneut ist dabei auf die digitale Leseprobe hinzuweisen. Diese kann euch bei eurer Kaufentscheidung darüber hinaus effektiv unterstützen. Bei einem Warenwert von mindestens 25 Euro im verlagseigenen Webshop von Egmont Manga kann zudem ein Poster der Bestellung beigelegt werden. Dies ist Teil der aktuell anhaltenden Weihnachtsaktion.
Abschließend bedanken wir uns bei Egmont Manga für die Bereitstellung eines kostenfreien Rezensionsexemplars, das diese Besprechung ermöglicht.