Review zu Shigeru Mizuki – Kindheit und Jugend
In der Kindheit verbrachte man die meiste Zeit draußen, tobte mit anderen Kindern herum, lauschte gruselige Geschichten und kämpfte gegen unsichtbare Monster im Hintergarten. Bei Mangaka Shigeru Mizuki ist es nicht viel anders gewesen. Er ist 1922 in Osaka geboren und bereits in jungen Jahren manifestierten sich die zwei prägenden Leidenschaften, das Zeichnen und die japanische Folklore, die fortan auch sein Leben und seiner Karriere beeinflussten sollten. Insbesondere im Gebiet der Youkai zeichnete sich Mizuki im Laufe seines Lebens als Experte aus. Zahlreiche Manga und bebilderte Lexika widmete er diesem Thema. Er gilt als Begründer und Meister des Genres.
Doch wie verlief seine Kindheit und Jugend?
Dies können wir in seiner dreiteiligen Autobiographie Shigeru Mizuki, herausgegeben von Reprodukt, nachlesen. Im Auftaktbuch der Trilogie Kindheit und Jugend erleben wir die ersten 20 Jahre seines Lebens im ländlichen Japan bis zu seiner Einberufung zur Armee im Jahre 1943.
MIZUKI SHIGERU: BOKU NO ISSHÔ WA GEGEGE NO RAKUEN DA 1 © 2019 Mizuki Productions © Reprodukt
Der erste Band der Trilogie umfasst 480 Seiten und ist seit dem 16. April 2020 für einen Preis von 24,00 € im Handel erhältlich.
Shigeru Mizuki nimmt uns von Anfang an mit an die Hand und erzählt seine subjektive wahrgenommene eigene Geschichte. Anders als bei seiner achtbändigen Erzählung Shouwa: A History of Japan liegt der Fokus nicht auf die historischen Begebenheiten der damaligen Zeit, sondern fokussiert sich als autobiographisches Werk voll und ganz auf den Mangaka selbst. Er entwickelt sich vom wortkargen kleinen Jungen, der denkt, alles sei essbar, zu einem Jugendlichen, der versucht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Im Laufe der Jahre hat eine ältere Dame aus der Nachbarschaft seine Faszination an der Welt des Übernatürlichen geweckt (Tante NonNon – ebenfalls bei Reprodukt erschienen).
© Mizuki Productions / Reprodukt
In dem Manga werden zeitgenössische Themen rund um die Zeit des zweiten Weltkriegs behandelt. Shigeru Mizuki hat vieles davon am eigenen Leib erfahren. Durch sein Trödeln und seine Faulheit schafft er es in der Schule nicht weit und diverse Jobs, unter anderem das Zeitungsaustragen, machen ihn weder Spaß, noch erfüllen sie ihn. Trotz seiner schlechten Noten war Shigeru nicht dumm. Ganz im Gegenteil. Er besaß eine große Neugier auf die Welt, aber eben auch seinen eigenen verträumten Kopf.
Mizuki ist in einer ungewöhnlichen Zeit erwachsen geworden. Die Zukunft ist ungewiss: Wird Japan sich an dem zweiten Weltkrieg beteiligen? Mizuki tritt schließlich dem Militär bei und wartet sehnsüchtig auf den „roten Brief“ – als er dann den Einberufungsbefehl erhält, wird ihm bewusst, dass die glücklichen Tage der Kindheit vorbei sind.
© Mizuki Productions / Reprodukt
Es hat mir sehr viel Freude gemacht, die besondere Lebensgeschichte von Shigeru Mizuki mit seinem Zeichenstil zu erleben. Die Art, wie der Mangaka es schafft, sein cartoonhaftes Charakterdesign in fotorealistische Hintergründe einzusetzen, ist ein Talent, welches nur wenige Künstler haben. Obwohl er viele humorvolle Gags in seiner Erzählung einbaut, wird der Ernst der Dramatik trotzdem sehr gut vermittelt.
Die Autobiographie von Mizuki hat mich mehr als manche fiktive Geschichten gefesselt. Für mich persönlich, als jemand der ein Faible für ältere Manga hat und bereits zahlreiche Werke von Mizuki gelesen hat, war es eine unvergleichliche Erfahrung, das Leben des Mizuki zu erleben. Sich mit sein damaligen Problemen zu identifizieren und nachvollziehen zu können, wie er in manchen Situationen gehandelt hat.
Reprodukt hat sich mit den Werken von Mizuki eine Reihe origineller Manga in ihr Programm geholt. In einem visuellen Medium wie diesem, wo seither Trends und Genre bei der schier unendlichen Masse an Publikationen für das Gefühl stets das gleiche zu lesen sorgt, stechen gerade Künstler wie Mizuki heraus. Der Mangaka ist nicht nur originell, sondern eine Rarität. Seine historischen Erzählungen und Youkai-Geschichten sind nicht mit anderen des Mediums zu vergleichen.
Für langjährige deutsche Manga-Sammler ist es ein Segen, nun in den Genuss älterer und besonderer Mangaka zu kommen. Ich empfehle jeden Manga Fan, der auch offen für ältere Titel ist, sich Shigeru Mizuki – Kindheit und Jugend näher anzusehen. Der dicke Band hält sich gut in der Hand und einmal angefangen – nimmt dich die Geschichte von GeGe gefangen bis zum Schluss.
Ich bedanke mich beim Verlag für die Möglichkeit, einer Review und auch für die Lokalisierung der zahlreichen Manga von Shigeru Mizuki. Nun heißt es bis November warten, bis ich den zweiten Band lesen kann.
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