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Über Jiro Taniguchis „Der Kartograph“ – Slice of Life in der Edo-Zeit


Freitag, 07. Januar 2022, 21:00 Uhr
Über Jiro Taniguchis „Der Kartograph“ – Slice of Life in der Edo-Zeit
FURARI © Jiro TANIGUCHI, 2011

Nachdem wir im vergangenen Jahr bereits Jiro Taniguchis Ihr Name war Tomoji in den Mittelpunkt einer Besprechung gestellt haben, möchten wir mit diesem Artikel den Blick auf Der Kartograph, einen weiteren Einzelband des 2017 verstorbenen Mangakas, lenken. Unsere Eindrücke zu der Geschichte und ihrer Umsetzung präsentieren wir im Folgenden.

Carlsen Manga! hat den Manga im September 2013 als sogenannte Graphic Novel herausgegeben – entsprechend wurde der Titel für den deutschsprachigen Release gespiegelt. Die knapp mehr als 200 Seiten sind als großformatige Klappenbroschur gefasst. Für den Druck wurde ein nahezu reinweißes Hochglanz-Papier gewählt, das insbesondere die enthaltenen Farbseiten gut zur Geltung bringt. Als Preis sind 16,00 € angesetzt.

Über Der Kartograph

Im Fokus der Geschichte steht ein Pensionär, der Protagonist ist dabei an den japanischen Landvermesser Ino Tadataka angelehnt. Die Handlung ist um den Anfang des 19. Jahrhunderts angesiedelt, als Schauplatz dient Edo – die damals am schnellsten wachsende Stadt Japans und der Ausgangspunkt des heutigen Tokyos.

Taniguchi hat den Manga episodisch aufgebaut, insgesamt 15 Kapitel sind in Der Kartograph enthalten. Tadataka hat um die Jahrhundertwende bereits seine Leidenschaft für das Vermessen zu Fuß entdeckt und ist zu Beginn der Erzählung gerade im Begriff, seine Fertigkeiten weiter zu festigen. Ihm liegt viel daran, eine möglichst genaue Landkarte von Japan anzufertigen – die erste überhaupt.

Täglich, mitunter auch sehr früh am Morgen und bei Regen, läuft er daher durch Edo und trainiert seinen konstanten Schritt, der zu dieser Zeit sein wesentliches Messinstrument ist. Dabei zählt er jeweils den zurückgelegten Weg gewissenhaft, dokumentiert seine Erkenntnisse sogleich und vergleicht die bisher gesammelten Daten miteinander. Selbst die Korrektur kleinster Abweichungen zwischen seinen Erhebungen, die er zu Probezwecken stets mehrfach wiederholt, ist ihm wichtig. Schritt für Schritt – und das in diesem Fall wortwörtlich – nähert er sich so seinem Ziel: dem perfekten Maß.

Nach getaner Arbeit gerät Tadataka auf dem Heimweg nicht selten ins Flanieren, mal nimmt er spontan einen anderen Weg, mal verlockt ihn der Duft einer warmen Mahlzeit. Es ist der ganz normale Alltag des später einmal landesweit bekannten Vermessers Tadataka, der mit seinen Forschungen noch im hohen Alter wichtige Grundsteine für die Moderne gelegt hat …

FURARI © Jiro TANIGUCHI, 2011

Obwohl die Geschichte in ihrer Art sehr ruhig, geradezu entschleunigend, angelegt ist, ist diese nicht zwingend als ermüdend wahrzunehmen. Die inhaltliche Präsentation hält verschiedene Techniken der Inszenierung bereit, die innerhalb der etwas monotonen Strukturen für Abwechslung sorgen. Die Leserschaft verfolgt das Geschehen primär aus der Perspektive von Tadataka. Wiederholt sind allerdings auch Betrachtungswinkel aus der Natur heraus in den Erzählfluss eingeflochten, so gewährt zum Beispiel ein 200 Jahre alter Baum eine kurze Reise in die Vergangenheit oder eine Libelle den Blick auf die Welt aus der Sicht eines Insekts. Auch O-Ei, die mit dem Protagonisten zusammenlebt, und ihre Unterstützung für dessen Leidenschaft kommen im Verlauf der Handlung zur Geltung. Es sind hier die scheinbaren Kleinigkeiten, die das Werk so besonders machen.

Bildtechnisch zeichnet sich Der Kartograph, wie von dem mehrfach ausgezeichneten Mangaka gewohnt, ebenfalls maßgeblich durch die hohe Naturverbundenheit aus. Die Darstellungen sind in ihrem Stil allesamt sehr realistisch, sowohl die Architektur Edos als auch die belebte Umwelt der Menschen, die bei Taniguchi von Kirschblütenbaum bis Wal reicht, sind meisterhaft und mit viel Liebe und Feinarbeit nachgebildet.

Der 1947 geborene Künstler hat die Zeichnungen in einen merklich aufgeräumten Seitenaufbau eingebettet. Die einzelnen Panels sind jeweils rechteckig gehalten, durch diese Gleichförmigkeit stellt sich bereits nach wenigen Seiten eine ruhige Atmosphäre ein. Durch den hohen Detailreichtum des geübten Strichs und vereinzelten großflächigen Abbildungen ist die Optik durchweg exzellent.

Der deutschsprachige Herausgeber hat auf Annotationen am Rand der einzelnen Seiten verzichtet. Prägnante Begriffserklärungen und weitere Anmerkungen finden sich gesammelt als Glossar im Anhang des Mangas. Im Gegensatz zu Ihr Name war Tomoji und manch weiteren Werken von Taniguchi ist darüber hinaus aber kein Nachwort oder Interview mit dem Künstler enthalten.

Über Jiro Taniguchi (1947 – 2017)

Jiro Taniguchi wurde 1947 in Tottori, Japan, geboren und gilt heute weltweit als einer der renommiertesten Mangazeichner. Seine Karriere als Zeichner startete er 1972 mit dem Manga »Kareta Heya«. Ab 1974 entstanden unter der Mitarbeit des Journalisten Natsuo Sekikawa Kriminalstorys, zu Beginn der 1980er Jahre schuf er mit Szenarist Carib Marley mehrere Boxergeschichten. An der Serie »Botchan no Jidai Kara« (dt. etwa »In der Zeit von Botchan«), einem Werk über das intellektuelle Leben in Japan gegen Ende des 19. Jahrhunderts, arbeitete der Zeichner ab 1986 und wurde mit Erscheinen des fünften Bandes im Jahr 1998 dafür mit dem Osamu-Tezuka-Culture-Award geehrt.

Neben weiteren Genre-Arbeiten wie »NY no Benkei« (übers. »Benkei in New York«, 1994) begann Taniguchi in den 1990er-Jahren seinen Geschichten einen persönlichen Ton zu geben und aus dem Alltäglichen heraus zu erzählen. So entstand neben »Inu o Kau« (dt. TRÄUME VON GLÜCK), einer einfühlsamen Schilderung des Sterbens eines Haustieres, die Kurzgeschichtensammlung »Aruku Hito« (dt. DER SPAZIERENDE MANN). 1994 folgte »Chichi no Koyomi« (dt. DIE SICHT DER DINGE), 1997 erschien der Band »Harukana Machi-E«, für den er auf dem internationalen Comicfestival in Angoulême 2003 als bester Szenarist ausgezeichnet wurde. Dieses Schlüsselwerk erschien unter dem Titel VERTRAUTE FREMDE 2007 bei Carlsen und wurde auch in Deutschland bereits zweimal prämiert: als »Comic des Jahres 2007« sowie - auf dem Comic-Salon Erlangen 2008 - mit dem Max-und-Moritz-Preis als »Bester Manga«. Weitere Titel folgten, darunter der autobiografisch inspirierte Band EIN TOD IM WINTER über einen aufstrebenden Manga-Zeichner, den es in die Metropole Tokio zieht, sowie DER KARTOGRAPH, eine im historischen Edo angesiedelte Geschichte.

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Jiro Taniguchi gilt heute weltweit als einer der renommiertesten Manga-Zeichner, dessen Werke auf Deutsch bei Carlsen und Schreiber und Leser erscheinen. Für einige Geschichten arbeitete er mit anderen Autoren wie Masayuki Kusumi (DER GEHEIME GARTEN VOM NAKANO BROADWAY und DER GOURMET) oder Autorinnen wie Hiromi Kawakami (DER HIMMEL IST BLAU, DIE ERDE IST WEISS) zusammen. Mit DIE WÄCHTER DES LOUVRE schuf Taniguchi 2014 ein großformatiges Album als Auftragsarbeit des Museum Louvre, das jährlich in Zusammenarbeit mit dem französischen Verlag Futuropolis berühmten Comickünstlern einen eigenen Blick auf die ehrwürdige Kulturinstitution gewähren lässt. Im Jahr 2016 erschien IHR NAME WAR TOMOJI, die Lebensgeschichte Tomoji Uchidas, die in den 1930er-Jahren den buddhistischen Shojushin-Tempel in Tachikawa gründete. Sensibel und eindringlich beschreibt Taniguchi ihre Kindheit und Jugend in einem Dorf am Fuße des Yatsugatake während der Taisho-Epoche (1912-1926).

2016 ehrte der Comic-Salon Erlangen den Künstler mit einer großen Ausstellung. Sein mit einer kleinen Rahmenhandlung versehener, komplett farbiger Bildband VENEDIG (der zunächst als Buchedition exklusiv für Louis Vuitton entstand), ist 2017 als reguläre deutsche Buchhandelsausgabe bei Carlsen erschienen.

Am 11. Februar 2017 verstarb Jiro Taniguchi im Alter von 69 Jahren. (© Carlsen Verlag GmbH)

Fazit

Mit Der Kartograph hat Taniguchi ein für seine spätere Schaffensphase, also vor allem die Zeit ab den 1990er-Jahren, ganz typisches Werk vorgelegt. Die grundlegende Thematik, die von der Neugier getriebene Erkundungslust des Protagonisten, erinnert unweigerlich an Der spazierende Mann. Auch Anlehnungen an Der Gourmet sind im Verlauf durchaus erkennbar, das Abschweifen in andere Gedankensphären, befeuert von der Schönheit der Natur, gutem Essen und den beiläufigen Begegnungen mit anderen Menschen, ist ein weiteres Erkennungsmerkmal des Zeichners.

Ähnlich wie schon die zwei zuvor genannten Titel ist Der Kartograph in der erzähltechnischen Grundstruktur episodisch angelegt, Richtung Ende kristallisiert sich allerdings ein roter Faden heraus. Dieser ist klar von der Vorlage, der zeitgeschichtlichen Figur Tadatakas, inspiriert. Taniguchi hat, und das gilt es mit Sicherheit vorab zu wissen, mit dem Einzelband keine vollumfängliche Biographie geschaffen – die insgesamt 15 Kapitel bilden nur einen kleinen, aber sehr bedeutenden Abschnitt, im Leben des Landvermessers ab.

Der inhaltliche Schwerpunkt liegt vor allem auf dem Zeitraum kurz vor der amtlichen Erlaubnis durch das Tokugawa-Shogunat, welche den Grundstein für Tadatakas landesweite Studien im Anschluss legte. Die eigentlichen, großangelegten Vermessungen, welche später für die (inter)nationale Bekanntheit Tadatakas sorgten, sind dagegen nicht Teil der dar- und nachgestellten Geschehnisse. Folglich ist der Manga viel eher als Einführung in einen heute kaum beachteten Abschnitt der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte Japans und als Einladung, sich selbst mit der Person Tadatakas zu beschäftigen, zu verstehen – wie es auch bei Ihr Name war Tomoji der Fall ist.

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Podium: Der Brückenbauer – Die Welt von Jirō Taniguchi: ab 34:58 auch über Der Kartograph

Gleichwohl liegt auf Tadataka nicht der alleinige Fokus der Geschichte, viel eher ist er der Aufhänger. Taniguchi ging es merklich um das historische Setting, die Edo-Periode um die Jahrhundertwende, selbst. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass im Zuge der Handlung immer wieder die verschiedenen Künste, die zu dieser Zeit vorherrschten, porträtiert werden. Mehrmals kommt die Sprache auf sich gerade etablierende und zeitprägende Formen der Poesie, aber auch die traditionelle Malerei sowie die Straßen- und Bühnen-Unterhaltung werden angerissen.

Auch auf der optischen Ebene wird der starke Bezug zur Edo-Ära deutlich, so verweist die Visualisierung im Rahmen von Bildzitaten mehrfach auf Blockdrucke von Ando Horishige, die in der Serie Meisho Edo Hyakkei erschienen sind. Das angesprochene Glossar gibt dahingehend entsprechende Hinweise. Wer sich allerdings umfassender für bestimmte Sachverhalte aus dem kulturell aufblühenden Japan dieser Zeit interessiert, muss auch hier selbst weiterrecherchieren. Taniguchi gibt Interessierten mit Der Kartograph hierfür lediglich den Anstoß.

Trotz der ausgefallenen Materie konnte der Manga hierzulande ein vergleichsweise großes Publikum erreichen, nach dem Release im September 2013 ist seit 2019 immerhin schon die dritte Auflage des Einzelbands in Umlauf. Dafür ist sicherlich auch die entschleunigende Atmosphäre verantwortlich, die ideal ist, um während des Lesens vom eigenen, stressigen Alltag abzuschalten. Wem das Historical-Setting und der Slice-of-Life-Rahmen der erklärten Geschichte zusagt, ist mit dem Special-Interest-Titel sicherlich gut beraten.

Abschließend bedanken wir uns ganz herzlich bei Carlsen Manga! für die unverbindliche Zurverfügungstellung eines Belegexemplars.

TagsCarlsen Manga!Review
Lucas Sebastian

Lucas Sebastian | Autor

Seit 2020 im Manga-Passion-Team. Auf X/Twitter unter @LucasISebastian privat zu finden. Zur Amazon-Wishlist des Redakteurs: https://www.amazon.de/hz/wishlist/ls/1JLXMONWSXYWK?ref_=wl_share

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