Review zu Shuzo Oshimis „Die Blumen des Bösen - Aku no Hana“, Sammelband 02 + 03
Im vergangenen Jahr haben wir euch bereits unsere ersten Eindrücke zu Shuzo Oshimis im Allgemeinen hochgelobten Die Blumen des Bösen - Aku no Hana vorgestellt. Uns hat der Auftakt allerdings recht unschlüssig zurückgelassen – also weder überzeugt noch abgeneigt. Wir haben uns daher jetzt noch einmal eingehender mit der Reihe beschäftigt und dafür sowohl den zweiten als auch dritten Sammelband gelesen. Unsere Gedanken dazu im Folgenden.
Manga Cult verlegt die elf Bände der japanischen Original-Ausgabe in insgesamt fünf dickeren Softcover-Bänden. Während der 20,00 € teure Auftakt als 3-in-1-Band angelegt ist, sind die vier folgenden Teile als Doppelbände zu je 15,00 € gefasst. Band 03 ist offiziell seit dem 03. März im Handel. Wie für das Ludwigsburger Label üblich, erscheint die Reihe im Großformat von 14 Zentimeter auf 21 Zentimeter.
Der zweite Sammelband zählt rund 360 Seiten, während der dritte auf einen Gesamtumfang von etwa 385 Seiten kommt. Farbseiten und Extras sind nicht enthalten, ebenso wenig die Coverdesigns der ursprünglichen Taschenbuch-Fassung. Dafür hat der Herausgeber die Nachworte von Mangaka Shuzo Oshimi abgedruckt. Darüber hinaus wartet der vorliegende Release mit einer Spotlack-Veredelung auf der Buchaußenseite auf, die Schriftzüge und das Blumen-Emblem auf dem Buchrücken sind damit hervorgehoben.
Inhaltsbeschreibung
Der Mittelschüler Takao lebt inmitten einer japanischen Provinz. Takao ist ein richtiger Bücherwurm, besonders Charles Baudelaires Gedichtband Les Fleurs du Mal fasziniert den Jungen. Immer wieder blättert er begeistert durch die Sammlung des französischen Lyrikers, deren Erstauflage bei Erscheinen damals gerichtliche Prozesse wegen Verletzung der öffentlichen Moral zur Folge hatte. Auch Takao ist durch den Verstoß gegen die gesellschaftliche Norm zuletzt in einen verhängnisvollen Strudel geraten.
Takao hat zufällig den Turnbeutel von seiner heimlichen Liebe, Nanako, gefunden und konnte der Versuchung, einmal hinzugreifen, einfach nicht widerstehen. Sich nähernde Schritte haben ihn dabei jedoch ungeahnt in Panik versetzt, sodass er kurzerhand Trikot und Sporthose unter seinem Hemd versteckt hat und geflohen ist. Natürlich ist der Verlust der Sportsachen nur kurz darauf aufgefallen. Schnell wird ein Triebtäter hinter der Aktion vermutet, doch die sadistisch veranlagte Sawa kennt den Täter: Sie hat Takao beobachtet.
© 2011-2012 Shuzo Oshimi. / Kodansha Ltd.
Sawa verspricht ihm, sein Geheimnis zu wahren. Im Gegenzug möchte sie aber, dass er einen „Pakt“ mit ihr schließt. Mit ihrem Wissen übt das ominöse Mädchen somit immer mehr Druck aus – Takao lässt sich mitreißen und geht auf die Forderungen ihm gegenüber ein. Während Sawa ein gewisses Amüsement an den herrschenden Umständen findet, gerät Takao zunehmend tiefer in den selbstzerstörerischen Kreislauf …
Gerade haben sich er und die als Musterschülerin bekannte Nanako angenähert. Obwohl sie im vorangegangenen Abschnitt von Takaos Taten erfahren hat, stößt es sie nicht ab. Sie interessiert sich weiterhin für ihn und kann sich sogar eine Beziehung vorstellen, doch Sawa steht zwischen den beiden. Als sich Takao schließlich immer mehr Sawa zuwendet, beginnt auch in Nanako die Blume des Bösen aufzublühen.
Visualisierung
Mangaka Shuzo Oshimi besticht vor allem mit einer realistisch angelegten Optik. Natürlich ist erkennbar, dass es sich um Zeichnungen handelt – der Detailgrad ist allerdings merklich höher als bei vielen „Mainstream“-Manga. Insbesondere die großflächigen Darstellungen, die sich nicht selten über eine gesamte (Doppel-)Seite erstrecken, und der routinierte Umgang mit Kontrasten fallen uns positiv auf.
Aufgrund dessen stellt sich innerhalb weniger Seiten ein äußerst dynamischer Erzählfluss ein, auch die vergleichsweise geringe Textmenge sorgt für ein schnelles Vorankommen beim Lesen. Gleichzeitig laden die imposanten Illustrationen zum Verweilen ein, dabei besticht nicht nur die Präsentation in der Bildmitte, sondern auch die ausgearbeitete Szenerie im Hintergrund. Fotografien sind mitunter ebenfalls Teil der Visualisierung.
Manga Cult stellt auf der verlagseigenen Webseite aus dem ersten und zweiten Sammelband einige Seiten zur Ansicht bereit. Für weitere Einblicke in das Buchinnere empfehlen wir, im Laden des Vertrauens einmal vorsichtig reinzublättern und den Stil direkt auf sich wirken zu lassen. Da der Manga nicht eingeschweißt ist, sollte das in der Regel unkompliziert möglich sein.
Fazit
Nachdem im Auftakt von Die Blumen des Bösen - Aku no Hana die Prämisse rund um „die andere Seite“, nach der sich Sawa und nun auch Takao sehnen, eröffnet wurde, knüpft der zweite Sammelband an die Geschehnisse nach jener Nacht in den Bergen an. Takao verfällt schrittweise einer Art Fanatismus, befeuert von Sawas abstrusen Vorstellungen. Das Innere der Figuren bleibt trotz des stetigen Voranschreitens der Handlung schwierig zu greifen, vieles unterliegt jeweils der individuellen Sinndeutung.
Sawa im Besonderen ist als Charakter nur vage zu verstehen, über sie ist (noch) zu wenig bekannt. Nur vereinzelt werden Andeutungen auf ihr Wesen gemacht, dabei scheint vor allem ihr familiärer Hintergrund Hinweise auf Erklärungen für ihr Verhalten bereitzuhalten. Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern sich ihrer Figur im Folgenden weiter angenähert wird.
© 2011-2012 Shuzo Oshimi. / Kodansha Ltd.
Mit dem dritten Sammelband startet überraschend ein zweiter Handlungsbogen, der drei Jahre nach den oben beschriebenen Ereignissen einsetzt. Takaos Familie ist inzwischen umgezogen, er geht seitdem einem unaufgeregten Leben als Oberschüler nach. Seine Liebe zur Literatur hat er aufgegeben – bis er seine Klassenkameradin, die unter den Jungs umschwärmte und bei den Mädchen beliebte Aya, besser kennenlernt. Diese Begegnung bringt allerdings nicht nur seine Leidenschaft für Bücher zurück, auch die Erinnerungen an die Vergangenheit, also die Zeit mit Sawa aus der ersten Hälfte des Mangas, werden in Takao wiedererweckt.
Im inhaltlichen Sinne ist unsere anfängliche Irritation verflogen. Es ist weiterhin herausfordernd, die einzelnen Hauptfiguren zu fassen, dennoch stellt sich allmählich ein gewisses Verständnis ein. Shuzo Oshimis Die Blumen des Bösen - Aku no Hana punktet aber vor allem mit grandiosen Zeichnungen und einer herausragenden Erzähldynamik. Die Geschichte selbst wirft aktuell noch zu viele Fragen auf, als dass wir uns eine adäquate Bewertung vornehmen können. Insofern verbleiben wir dem Titel gegenüber zwar etwas skeptisch, aber sind auch mindestens genauso gespannt auf die noch kommenden Kapitel beziehungsweise Bände.
© 2012 Shuzo Oshimi. / Kodansha Ltd.
Mit 15,00 € pro Doppelband hat Manga Cult den Großformat-Release unserer Meinung nach sehr fair eingepreist. Wir meinen, dass sich das Werk vor allem für Fans von Inio Asano anbietet. Auch die begeisterte Leserschaft von Boy's Abyss ist mit dem Titel sicherlich gut beraten.
Abschließend bedanken wir uns bei Manga Cult für die unverbindliche Bereitstellung der entsprechenden Belegexemplare.