Review zu Gou Tanabes „H.P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten“
Vor wenigen Tagen durften wir exklusiv bekanntgeben, dass Mr. Nobody – Auf den Spuren der Vergangenheit im kommenden Jahr auf Deutsch startet. Mangaka Gou Tanabe ist vor allem für seine Manga-Adaptionen der Geschichten des US-amerikanischen Autors Howard Phillips Lovecraft bekannt. Mit H.P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten besprechen wir im Folgenden ein Werk aus genau dieser Reihe.
Carlsen Manga! hat den Einzelband im Juli 2019 auf den Markt gebracht. Inzwischen wird bereits die dritte Auflage ausgeliefert – mit dieser ist der Preis von 12,00 € auf 13,00 € gestiegen. Bei der Qualität wurden dafür keine Abstriche gemacht: Druck und Papier sind merklich qualitativ, ebenso die Fadenbindung. Die insgesamt rund 170 Seiten sind als großformatige Klappenbroschur gefasst.
Inhaltsbeschreibung
In Gou Tanabes H.P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten sind neben der titelgebenden Geschichte Der Hund (basierend auf The Hound von September 1922) Der Tempel (basierend auf The Temple von 1920) und Stadt ohne Namen (basierend auf The Nameless City von Januar 1921) enthalten. Die einzelnen Geschichten spielen innerhalb des Cthulhu-Mythos, so findet auch das Necronomicon, ein okkultes Grimoire des Arabers Abdul Alhazred, Erwähnung.
Bei Der Hund stehen zwei Studenten im Mittelpunkt. Angelockt von den Legenden um einen Grabräuber, begeben sich diese zu dem Friedhof, wo dessen Leichnam seit 500 Jahren mit einem Schatz begraben liegen soll. Während die beiden ein kunstvolles Jade-Amulett stehlen, ist das Heulen eines Hundes zu hören. Es dauert nicht lange, bis sie das unheimliche Geräusch auch in ihrer Heimat einholt …
© TANABE Gou 2014 / KADOKAWA CORPORATION
Für Der Tempel hat Gou Tanabe das Setting in die Zeit des Zweiten Weltkriegs versetzt. Beim Untertauchen des militärischen Unterseeboots U29 entdeckt die Mannschaft einen reglosen Körper. Es wird vermutet, dass es sich dabei um die Leiche eines Feindes aus dem vorherigen Gefecht mit dem englischen Frachter Victory handelt.
Der Nazi-Leutnant Klenze durchsucht die Taschen des Opfers und findet eine Elfenbeinskulptur. Er nimmt das wertvolle Kunstobjekt an sich. Danach wird der Körper über Bord geworfen. Doch plötzlich scheint es, als würde sich dieser wieder bewegen. Das ist der Anfang einer Reihe von Ungereimtheiten, die die Besatzung des U29 tief unter Wasser schnell immer nervöser werden lässt …
In Stadt ohne Namen geht es unterdessen um einen Ort inmitten der Wüsten von Arabien, der offenbar noch vor dem Bau von Memphis und Babylon entstanden ist. Mit Ausnahme von einem ungewöhnlich kühlen Wind, der zweimal täglich durch die Ruinen fegt, wirkt alles still und verlassen. Ein namenloser Entdecker begibt sich auf Spurensuche, entdeckt dabei Inschriften über die antike Zivilisation und das Geheimnis in den Katakomben der Stadt …
Visualisierung
Die Zeichnungen von Gou Tanabe sind im Prinzip unverkennbar, der Mangaka hat einen ganz eigenen Stil. Und obwohl dem so ist, wirkt die Bebilderung keinesfalls exzentrisch-ausgefallen. Im Gegenteil: Alles macht einen geradezu natürlich-realistischen Eindruck, wodurch selbst den verschiedenen Kreaturen in ihrer Gestaltung etwas Wahrhaftes verliehen ist. Passend zum Setting sind die Charakterdesigns westlich angelegt, auf eine mangatypische Optik ist mit Ausnahme der Schwarz-Weiß-Präsentation verzichtet. Das erinnert beispielsweise an den Manga zu H.G. Wells - Der Krieg der Welten.
Durch starke Kontraste wird innerhalb des Werks gezielt eine düstere Stimmung aufgebaut. In Kombination mit dem bildfokussierten Storytelling stellt sich schnell ein dynamischer Lesefluss ein. Darüber hinaus besticht H.P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten mit zahlreichen Details in der Darstellung.
Im Handel ist der Manga nicht eingeschweißt, vorsichtiges Hineinschauen ist in der Regel also problemlos möglich. Alle Interessierten können sich zudem mittels der kostenlosen Online-Leseprobe einen eigenen Eindruck von dem Werk verschaffen. Die verlinkte Preview umfasst mit rund 70 Seiten die komplette Der Tempel-Kurzgeschichte. Für das Reinlesen ist hierbei zunächst komplett vor- und dann zurückzublättern.
Fazit
Die in H.P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten enthaltenen Short Stories sind sowohl inhaltlich als auch erzähltechnisch einander relativ ähnlich. Obwohl die einzelnen Plot-Entwicklungen damit kaum überraschen, gestaltet sich das Lesen als durchaus kurzweilig. Die vorliegenden Umsetzungen glänzen vor allem durch die kontraststarken Zeichnungen, welche dem Ganzen den richtigen Rahmen verleihen. Die Atmosphäre der Originalwerke scheint uns insgesamt gut widergespiegelt.
In dem Sinne ist Der Hund und andere Geschichten für Neueinsteiger und Fans des US-amerikanischen Autors gleichermaßen geeignet. Wir empfehlen den Titel für alle, die an Manga-Adaptionen klassischer Literatur, etwa Der Graf von Monte Christo und Der Liebhaber, interessiert sind und / oder sich für Mystery-Kurzgeschichten wie die von Junji Ito und Otsuichi begeistern.
Aus produktionstechnischer Sicht ist die deutschsprachige Ausgabe wirklich vollumfänglich zu empfehlen. Für 13,00 € werden wird eine großformatige Klappenbroschur geboten. Gedruckt ist auf spürbar hochwertiges Papier, das sich durch eine merkliche Dicke, reinweiße Farbe und glatte Oberflächenstruktur auszeichnet. Die Fadenbindung zeugt ebenfalls von ausgesuchter Qualität. Unserer Meinung nach ist damit ein sehr faires Preis-Leistungs-Verhältnis geboten.
Abschließend bedanken wir uns herzlich bei Carlsen Manga! für die Zurverfügungstellung eines Belegexemplars.